Hintergrund: Im Rahmen des KV-Sentinels, einem gemeinsamen Projekt des Robert Koch-Instituts (RKI)
und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), werden seit 2004 pseudonymisierte
Abrechnungsdaten von den KVen an das RKI übermittelt. Wir möchten beschreiben, welche
Daten bisher erhoben wurden und welche Analysen mit den KV-Daten durchgeführt werden
können. Methoden: Daten zu allen Impfleistungen und zu den impfpräventablen Erkrankungen Keuchhusten,
Masern, Mumps, Windpocken und Gürtelrose werden über die Impf-Abrechnungsziffern und
die ICD-10 Kodes aus dem Datenbestand der KVen abgefragt und an das RKI übermittelt.
Am RKI werden die Datensätze einer Qualitätsprüfung hinsichtlich der Datenspezifikation,
-vollständigkeit und -plausibilität unterzogen. Studienpopulation ist die gesetzlich
krankenversicherte Bevölkerung (85,5% der deutschen Bevölkerung). Ergebnisse: Für 2004 bis 2007 liegen insgesamt 95.905.605 Datensätze zu Impfleistungen und 4.570.919
Datensätze zu Diagnosen von den 17 KVen vor. Über 99% der Datensätze sind strukturell
und inhaltlich fehlerfrei. In den untersuchten Jahren wurden vor allem Impfungen gegen
Influenza (durchschnittlich 10.509.860; 46%) und Impfungen gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis
(durchschnittlich 2.845.358; 12%) abgerechnet. Die häufigsten abgerechneten akuten
Erkrankungen waren die Gürtelrose (57%) gefolgt von Windpocken (35%) und Keuchhusten
(6%). Die Abrechnungsdaten zu Impfungen erlauben die Bestimmung von alterspezifischen
und regionalen Impfquoten. Dazu wird die Anzahl der geimpften Personen auf die Anzahl
der gesetzlich Krankenversicherten bezogen. Mit den erhobenen Diagnosedaten zu Keuchhusten,
Masern, Mumps, Windpocken und Gürtelrose können alterspezifische und regionale Inzidenzen
(Anzahl der erkrankten Personen bezogen auf 100.000 gesetzlich Krankenversicherte)
bestimmt werden. Schlussfolgerungen: Die Abrechnungsdaten zu Impfungen ermöglichen erstmals die Bestimmung von bundesweiten
Impfquoten für alle Altersgruppen der gesetzlich krankenversicherten Bevölkerung.
Diese können anhand vorliegender Daten aus Sentinel-Systemen bzw. aus anderen Forschungsprojekten
validiert werden. Die vorliegenden Diagnosedaten der akuten, impfpräventablen Infektionskrankheiten
müssen mit Vorsicht interpretiert werden, da es ohne externe Validierung schwierig
ist abzuschätzen, ob eine Unter- oder eine Übererfassung vorliegt. Hier besteht weiterer
Forschungsbedarf.