ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119(9): 393
DOI: 10.1055/s-0030-1267439
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Wünsche der Patienten

Cornelia Gins
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Publication Date:
22 September 2010 (online)

Die Ferienzeit ist vorbei, die ersten Tagungen der Fachgesellschaften läuten den Herbst ein. Implantologische Kongresse freuen sich nach wie vor über unvermindert große Teilnahme, so auch der 27. ICOI World Congress in Gemeinschaft mit dem 7. Internationalen Jahreskongress der DGOI im August in Hamburg. 1000 Kollegen, zu einem sehr großen Teil aus dem Ausland kommend, wollten sich über digitale Planung, Komplikationsmanagement (!) und Tissue Engineering informieren. Die Themen waren nicht wirklich neu, aber wenn ich an die Vorträge zum Komplikationsmanagement denke, können einige Dinge gar nicht oft genug wiederholt werden.

Aufgrund meiner redaktionellen Tätigkeit für die ZWR gehe ich sehr häufig zu Kongressen, Veranstaltungen oder Fortbildungen, und das schon seit einigen, um nicht zu sagen, seit sehr vielen Jahren. Ich denke, ich habe in dieser Zeit einen recht guten Überblick über die Entwicklungen von Versorgungsmöglichkeiten und Behandlungskonzepten für unsere Patienten bekommen. Fehlende Zähne wurden in meiner Studienzeit noch mit herausnehmbarem Zahnersatz, eventuell in Kombination mit MK-Kronen/Geschiebe oder Teleskopen, ersetzt. Das waren Behandlungskonzepte für Patient „Jedermann“. Inzwischen konnte die Implantologie aus der „Exotenecke“ geholt werden und neue industrielle Fertigungstechniken und -prozesse haben die Vollkeramik möglich gemacht. Das ist gut so.

Jetzt hat sich natürlich der Versorgungsanspruch geändert. Fragt sich nur von wem. Können wir wirklich die Patienten noch da abholen, wo wir meinen, sie abholen zu müssen? Die Behandlungskonzepte, die uns nun auf Kongressen und Fortbildungen gezeigt werden, haben in meinen Augen nicht mehr den Patient „Jedermann“ im Focus, sie haben selten noch Allgemeingültigkeit. Während ich so im Halbdunkel des Tagungsraums saß und mir die immer ausgefeilteren Rot-/Weißtechniken und Prothetikkonzepte ansah, musste ich an die Größe der Zielgruppe denken, die wohl für diese Versorgungen infrage kommen. Zwei Beiträge haben dieses Thema (Problem?) dann doch aufgegriffen. Ein junger Referent aus einer Landpraxis sprach an, dass auch im Low-Budget- und Low-Standard-Bereich des Patienten gute Lösungen gefunden werden müssen. Hier sehe ich eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Angebot auf Kongressen und dem wirklichen Bedarf. Ich muss in meiner Praxis feststellen, dass die Wünsche meiner Patienten doch erheblich von meinen abweichen. Mich würde interessieren, wie vielen Kollegen, die so einen Kongress besucht haben, es genau so geht. Hüten muss man sich nur davor, das Gefühl mit nach Hause zu nehmen, seine Patienten nicht richtig zu versorgen, nur weil man diese schönen (!) Konzepte nicht umsetzt.

Ihre

Cornelia Gins

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