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DOI: 10.1055/s-0030-1267774
Neue Berufsallergene – Neue Aspekte der In-vitro-Diagnostik
Berufskrankheiten allergischer Genese sind in der Arbeitswelt nicht selten und daher kommt auch den allergologischen Fragestellungen in der Arbeitsmedizin eine wichtige Bedeutung zu. 2008 sind 587 bestätigte Fälle einer durch allergisierende Stoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkrankungen inkl. Rhinopathien (Berufskrankheiten(BK)-Nr.4301) die Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK der gewerblichen Berufsgenossenschaften) gelistet. Die häufigsten Auslöser sind nach wie vor die Mehle und Mehlprodukte (63,4%), Stäube von Nahrungs- und Futtermitteln (3,1%) und Labor- und Nutztierstäube (4,8%). Die auslösenden Stoffe sind sehr unterschiedlich und ihre Wirkungen noch nicht in jedem Fall eindeutig geklärt. Neben der systematischen Erforschung einzelner Berufsallergene wie z.B. Allergene aus Naturlatex und Weizenmehl, werden Atemwegs- bzw. Haut-sensibilisierende Wirkungen einer Vielzahl von Arbeitsstoffen zum Teil nur als Einzelfallberichte dokumentiert. Als neuere Beispiele für die Allergenidentifizierung in Einzelfällen nach beruflich Exposition sind zu nennen: Holzstaub der Robinie (Robinia pseudoacacia), die Stubenfliege (Musca domestica) als Ursache für ein beruflich bedingtes Asthma bei einer Landwirtin und ein Allergen der Wanderheuschrecke als Ursache für berufliches Asthma.
Neben den Hauttestungen sind In-vitro-Testsysteme essentielle Standbeine der Diagnostik berufsbedingter Typ 1-Allergien. Die zweifellos wichtigste und praxistauglichste In-vitro-Untersuchung ist die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern (sIgE) im Serum. In der Regel ist der sIgE-Nachweis im Serum zielführend, allerdings können bei Verdacht einer IgE-vermittelten Allergie und unklaren diagnostischen Vorbefunden weitere In-vitro-Teste die Diagnostik erleichtern. Hierzu gehören auch zelluläre Testsysteme, die auf der allergenspezifischen Basophilenaktivierung beruhen (z.B. CAST und FlowCAST). Die Aussagekraft der Allergiediagnostik ist von der Qualität der verwendeten Allergenextrakte abhängig. Da für Berufsallergene Extrakte häufig fehlen oder nicht ausreichend standardisiert sind, gestaltet sich die In-vivo- und In-vitro-Diagnostik häufig schwierig. Dieses liegt u.a. daran, dass nur wenige häufige Berufsallergene wie z.B. Naturlatex und auch Weizenmehl systematisch bis hin molekularen Einzelallergenaufklärung erforscht wurden. Wichtige Hilfsmittel der modernen Allergiediagnostik mit wachsender Bedeutung sind rekombinant hergestellte Allergene, die auch für die Standardisierung von Berufsallergenen hilfreich sein können. So konnte die In-vitro-Diagnostik der Naturlatexallergie eindeutig durch die Zugabe des rekombinant hergestellten Hauptallergens rHev b 5 zum natürlichen Latexallergenextrakt verbessert werden. Erste Untersuchungen zur Komponenten-aufgelösten Diagnostik mittels Mikroarraytechnik und der Verwendung von rekombinanten Weizenmehl- und Graspollenallergenen eröffnen neue Wege für eine diagnostische Unterscheidung von Patienten mit Bäckerasthma, Weizen-induzierter Nahrungsmittelallergie und Grasspollenallergie. Da auch Berufsallergene, insbesondere diejenigen pflanzlichen Ursprungs (z.B. Naturlatex, Hölzer), kreuzreaktive Kohlenhydratdeterminanten (so genannte cross-reactive carbohydrate determinants; CCDs) besitzen können, kann die Spezifität der In-vitro-Diagnostik nachteilig beeinflusst werden. Diese auf CCD basierenden Kreuzreaktivitäten sollte unbedingt durch die Verwendung von entsprechenden CCD-Screening-Tools Beachtung finden. Für die Diagnostik berufsbedingter allergischer Erkrankungen ist es daher erforderlich, alle geeigneten verfügbaren Verfahren und Tools zu nutzen und in den Einzelfällen auch Arbeitsplatz-relevantes Material als Allergenquelle zu untersuchen und entsprechend in den Testungen einzusetzen.