Z Gastroenterol 2011; 49 - P3_08
DOI: 10.1055/s-0030-1269623

Einschränkung der Leberfunktion durch mechanische Beatmung bei kritisch kranken Intensivpatienten: welcher Faktor ist entscheidend?

M de Castro 1, M Creutzenberg 2, HJ Schlitt 3, B Graf 4, M Loss 5, T Bein 5
  • 1Klinik für Anästhesiologie, Regensburg
  • 2Klinik für Anästhesiologie, Regensburg
  • 3Department of Surgery, University of Regensburg, Regensburg
  • 4Klinik für Anästhesiologie, Regensburg
  • 5Klinik und Poliklinik für Chirurgie der Universität Regensburg, Regensburg

Hintergrund: In mehreren klinischen und experimentellen Studien wurde gezeigt, dass mechanische Beatmung mit hohem inspiratorischem Spitzendruck (Pmax) und positiv-endexspiratorischem Druck (PEEP) bei kritisch kranken Intensivpatienten zu einer Einschränkung der Leberperfusion führen kann und die Hyperbilirubinämie begünstigt (Übersicht in 1). Die exakten pathophysiologischen Mechanismen und klinischen Implikationen sind allerdings unklar.

Fragestellung: Welche Parameter der maschinellen Beatmung begünstigen eine Hyperbilirubinämie bei Patienten einer Operativen Intensivstation? Gibt es eine "kritische" Grenze der Einstellung von PEEP, Tidalvolumen und Pmax?

Methodik: Retrospektive Analyse an 297 Patienten, welche nach viszeraler Chirurgie, Trauma, Transplantation oder aus anderen Gründen auf die Intensivstation aufgenommen wurden. Der maximal angewendete PEEP (mbar), die durchschnittliche Höhe des Tidalvolumens (ml/kg ideales Körpergewicht), sowie Pmax (mbar) und Beatmungsdauer (d) wurden aus dem Patientendatenmanagement-System (Metavision-Suite, iMD-soft, Tel Aviv, Israel) entnommen und mit dem höchsten Bilirubin-Wert korreliert.

Ergebnisse: Weder die Höhe des eingestellten PEEP, noch die Dauer der Beatmung oder Pmax beeinflussten den Bilirubin-Wert (Tabelle 1). Allerdings wurde für die Höhe des Tidalvolumens (>5ml/kg) eine signifikante Korrelation mit Bilirubin gefunden (p=0.003).

Schlussfolgerung: Im Kontrast zu bisherigen Ergebnissen konnte in unserer Analyse weder für eine hohe PEEP-Einstellung, bzw. einen erhöhten Spitzendruck, noch für längere Beatmungsdauer eine beatmungs-assoziierte Leberschädigung nachgewiesen werden. Allerdings zeigte die Anwendung eines Tidalvolumens, das über die vom ARDSNetwork empfohlene Grenze geht, eine Assoziation zu erhöhtem Bilirubin. Ein solches „lungenprotektives“ Tidalvolumen ist daher wohl auch „Splanchnikus-protektiv“ (2).

Tab.1: Bilirubin-Tabelle

Pearson Korrelationskoeffizient

p (2-tailed)

Parameter

Bilirubin

Beatmungsdauer (d)

–0.038

0,521

PEEP

0.046

0,440

Pmax

0.045

0.444

Tidalvolumen

–0,175

0,003

Literatur:

1. Putensen C, Wrigge H, Hering R: The effects of mechanical ventilation on the gut and abdomen. Curr Opin Crit Care 2006; 12: 160-165 2. Sitbon, P, Teboul JL, Duranteau J, et al. Effects of tidal volume reduction in acute respiratory distress syndrome on gastric mucosal perfusion. Intensive Care Med 2001; 27: 911-915