Z Gastroenterol 2011; 49 - P3_13
DOI: 10.1055/s-0030-1269628

Leberadenome: Wann muss wirklich therapiert werden?

S Farkas 1, SA Lang 2, M Scherer 1, GI Kirchner 3, M Loss 1, HJ Schlitt 4
  • 1Klinik und Poliklinik für Chirurgie der Universität Regensburg, Regensburg
  • 2Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg
  • 3Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Klinikum der Universität Regensburg, Regensburg
  • 4Department of Surgery, University of Regensburg, Regensburg

Einleitung: Hepatozelluläre Adenome (HCA) sind benigne Lebertumore, die zumeist bei Frauen unter oraler Kontrazeption auftreten. HCA haben ein hohes Blutungs- und ein niedrigeres Entartungsrisiko. Meist wird die Indikation zur Resektion aufgrund des Blutungsrisikos gestellt. Welche Adenome jedoch wirklich ein relevantes Blutungsrisiko darstellen und welche ein hohes Entartungsrisiko haben ist nicht sicher geklärt. Darüber hinaus ist unklar, wie Patienten mit multiplen, nicht komplett resektablen HCAs behandelt werden sollen. Ergebnisse: Die Arbeitsgruppe von Zucmann-Rossi in Bordeaux konnte nun eine genotypiche und phänotypische Klassifikation verschiedener Subgruppen der HCA definieren, die therapeutische relevant erscheint 1, 2, 3, 4 (siehe Tabelle).

Tab.1: Adenome – Tabelle für HCA Varianten

HCA Variante

Molekularer Mechanismus

Frequenz

Geschl., Phänotyp, Genese

MR spezifisch

Komplikationen

Therapie

Klassisch, „fatty“

HNF1α Mutation Expressionsverlust von LFABP

35–45%

zumeist weiblich, MODY DM, Ovulationshemmer, fam. Adenomatose

Homogen. intratumorales Fett

kein Blutungsrisiko, keine maligne Transformation

Hormonentzug, nicht resezierte Adenome oft stationär oder rückläufig

Atypisch

β-Catenin Mutation nukleäre Akkumulation von β-Catenin, Überexpression von Glutamin Synthetase

10%

männlich, Androgene, Glykogenosen

Kapsel, heterogen und KM Enhancement

Blutung,
maligne Transformation
(ca. 40%)

Resektion, bei nicht Resektabilität: Transplantation

Inflammatorisch früher „teleangiektatisches FNH“

Überexpression von inflamm. Proteinen (CRP, Serum Amyloid A2), ILST 6 Mutation

30–35%

zumeist weiblich, hoher BMI, Steatosis hepatis, Ovulationshemmer

abnormale Signalint. in T2, heterogen in T1, pers. KM Enhancement in Spätphase

Blutung, geringe Transformation (2–3%)

Hormonentzug, Resektion?
Komplikationen whs. eher mit Tumorgröße (>5cm) assoziiert als mit Anzahl

Unklassifiziert

?

10–20%

weiblich, Ovulationshemmer

?

keine Transformation

?

Hierbei werden 4 Varianten unterschieden. Variante 1 (HNF1α Mutation, klassisches HCA, kein Blutungs- und Maliginätsrisiko), Variante 2 (ß-Catenin Mutation, atypisches HCA, hohes Blutungs- und Malignitätsrisiko), Variante 3 (Überexpression von inflammatorischen Proteinen, Blutungs- aber geringes Malignitätsrisiko). Diese molekulargenetischen Varianten können verschiedenen Phänotypen zugeordnet werden, welche auch im MR spezifisch erscheinen. Schlussfolgerung: Die Bordeuaux Klassifikation von Bioulac-Sage et al. führt zu einem besserem Verständnis der HCA. Es ergeben sich hieraus aber auch Konsequenzen für die OP Indikation. Dies gilt für Patienten, die nicht standardgemäß reseziert werden können. D.h. bei multiplen Läsionen, ungünstiger zentraler Lage des HCA oder für Patientinnen, die noch schwanger werden wollen. Es ist darüber hinaus zu diskutieren, ob, nach Diagnosesicherung eines klassischen HCA durch Biopsie und Immunhistologie, wirklich reseziert werden muss, oder ob Hormonentzug und Kontrolle ausreichen. Um das Verständnis der HCA zu verbessern und entsprechende klinische Leitlinien formulieren zu können, erscheint ein Register für HCA in Deutschland notwendig.

Literatur:

[1] Bioulac-Sage et al. J Hepatology 2007 [2] Bioulac-Sage et al. Liver Int 2009 [3] Pelletier L et al. J Hepatology 2010 [4] Terkivatan T et al. Nat Rev in Gastroenterology 2009