Z Gastroenterol 2011; 49 - P5_40
DOI: 10.1055/s-0030-1269746

Diagnostik eines Lynch-Syndrom-assoziierten hepatozellulären Karzinoms bei einem Patienten mit Muir-Torre-Variante

V Zimmer 1, M Casper 2, B Jüngling 2, J Rädle 2, M Kloor 3, R Grobholz 4, RM Bohle 4, F Lammert 1
  • 1Department of Internal Medicine II, Saarland University Hospital, Homburg, Germany, Homburg
  • 2Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
  • 3Abteilung für Angewandte Tumorbiologie, Pathologisches Institut, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg
  • 4Institut für Pathologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg

Einleitung: Das Lynch-Syndrom ist für etwa 2–3% aller kolorektalen Karzinome verantwortlich. Durch Keimbahnmutationen in den Mismatch-Reparaturgenen (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2) können bei der DNA-Replikation entstehende Basenfehlpaarungen oder kleine Loops nicht korrigiert werden und führen je nach Genlokalisation zur Tumorentstehung. Die Replikationsfehler entstehen besonders in repetitiven DNA-Sequenzen, den sog. Mikrosatelliten. Zum Tumorspektrum gehören neben dem Kolon- und Endometriumkarzinom Karzinome des Magens und des Urogenitaltrakts.

Klinischer Fall: Ein 60-jähriger adipöser Patient stellt sich zur Abklärung einer etwa 30 cm großen Leberraumforderung vor. Anamnestisch 1991 Hemikolektomie rechts bei Kolonkarzinom sowie multiple Talgdrüsentumoren. In der Familiengeschichte gehäufte kolorektale und urogenitale Tumoren (Amsterdam II-Kriterien positiv). Somit klinisch V.a. Muir-Torre-Variante des Lynch-Syndroms vor. Bei sonographisch normalem Leberparenchym und tumorbedingter PA-Thrombose rechts histologische Klassifizierung als mässig differenziertes HCC.

Spezielle Diagnostik: Sowohl das HCC als auch das CRC (archiviertes Gewebe) wiesen eine deutliche Mikrosatelliteninstabilität (6/7 Marker positiv) auf. Immunhistochemisch konnte in beiden Tumoren ein nukleärer Expressionsverlust für MSH2 und MSH6 bei normaler Färbung für MLH1 und PMS2 nachgewiesen werden. Molekulargenetisch fand sich eine pathogene Keimbahnmutation (c.2291G>A; Trp764X) im MSH2-Gen.

Diskussion: Im vorliegenden Fall konnte ein Lynch-Syndrom (Muir-Torre-Variante) klinisch und molekulargenetisch gesichert werden. Das histologisch charakterisierte HCC weist alle Charakteristika eines Lynch-Syndrom-assoziierten Tumors auf. Obwohl HCCs nicht zum Tumorspektrum beim Lynch-Syndrom gehören und die Hepatokarzinogenese auf anderen Mechanismen beruht, könnte es sich um einen seltenen Fall eines auf dem Boden eines Mismatch-Reparaturdefekts entstandenen HCC handeln.