Diabetes aktuell 2010; 8(7): 335
DOI: 10.1055/s-0030-1269798
Forum der Industrie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Typ-2-Diabetes – GLP-1-Analogon reaktiviert schlummernde Betazellen

Further Information

Publication History

Publication Date:
25 November 2010 (online)

 

Inkretin-basierte Therapien haben sich mittlerweile in den pathogenetisch orientierten Ansätzen zur Behandlung des Typ-2-Diabetes fest etabliert. Tierexperimentelle Untersuchungen konnten sogar zeigen, dass der fortschreitende Verlust an Betazellmasse nicht nur gestoppt, sondern auch umgekehrt werden kann. Ob sich der progressive Verlauf eines Typ-2-Diabetes durch den Einsatz der Darmhormone auch beim Menschen aufhalten lässt, konnte bislang aber noch nicht geklärt werden. Neuere Untersuchungen weisen allerdings darauf hin, dass zumindest die Betazellfunktion bei Menschen mit Typ-2-Diabetes unter dem Einfluss von Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1) deutlich gebessert werden kann.

Die verminderte Insulinausschüttung unmittelbar nach einem oralen Glukosestimulus bei Menschen mit gestörter oder gar diabetischer Glukosetoleranz geht zum überwiegenden Teil auf einen reduzierten Inkretineffekt zurück. Daran erinnerte Prof. Dr. Juris Meier, Bochum, und verwies darauf, dass dies keine Frage der Quantität sei. Weder das Glucose-dependent insulinotropic Polypeptide (GIP) noch das GLP-1 seien bei diesen Menschen nämlich nennenswert vermindert. Dass die insulinotrope Wirkung von GIP bei Typ-2-Diabetes nahezu komplett zum Erliegen kommt, ist seinen Ausführungen zufolge aber auch nicht auf einen spezifischen Defekt zurückzuführen. Er vermutete eher eine Herunterregulierung der GIP-Rezeptoren infolge einer permanenten Hyperglykämie. Die Tatsache, dass auch die Stimulierbarkeit durch Glukose eingeschränkt ist, deutet seiner Auffassung nach vielmehr darauf hin, dass es sich um einen generalisierten Betazelldefekt handelt. Ganz im Sinne eines Circulus vitiosus gehe somit die GIP-Wirkung mit steigendem Nüchternblutzucker sukzessive verloren.

Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, könnte allerdings mit der Gabe von GLP-1 oder analog wirksamen Substanzen wie Liraglutid (Victoza®) gelingen, meinte Meier. Denn im Gegensatz zu GIP sei GLP-1 bei Patienten mit Typ-2-Diabetes noch recht gut wirksam. Es ließen sich auch akute Effekte von GLP-1 auf die Betazellfunktion ausfindig machen. Während unter normalen Bedingungen nur etwa 20-30 % der Betazellen innerhalb einer Insel funktionell aktiv sind und auf Glukose reagieren, befinde sich der Rest in einem inaktiven Zustand. Weit mehr als die Hälfte dieser schlummernden Zellen ließen sich jedoch durch Vorbehandlung mit GLP-1 stimulieren und für Glukosereize sensibilisieren. Auf diese Weise könne sogar die frühe Phase der Insulinsekretion, die bei Menschen mit Typ-2-Diabetes verlorengegangen ist, nahezu vollständig wiederhergestellt werden, betonte Meier. Womöglich gehe dies auch mit einer Rekonstitution des GIP-Effektes einher.

Bericht: Martin Wiehl

Quelle: Symposium "Novo Nordisk Creutzfeldt Symposium: Liraglutid - warum ein GLP-1-Analogon?" am 12. Mai 2010 im Rahmen der 45. Jahrestagung der DDG in Stuttgart. Veranstalter: Novo Nordisk.

    >