Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2011; 9(1): 1
DOI: 10.1055/s-0030-1270842
Editorial

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Publication Date:
15 March 2011 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

in der Behandlung von Krebserkrankungen konnten die schulmedizinischen Maßnahmen in den letzten Jahren nach längerer Stagnation erstmals deutlich verbesserte Therapieergebnisse und bei manchen Krebsarten auch verlängerte Überlebenszeiten erreichen. Dies wurde u. a. durch neue medikamentöse Therapieprinzipien aus dem Bereich der molekularen Therapie, aber auch durch verbesserte diagnostische Methoden und optimierte Bestrahlungstechniken realisiert. Gleichzeitig wurde die Krebstherapie aber auch intensiver, z. T. aggressiver und dadurch nicht selten nebenwirkungsreicher.

Das Bedürfnis des Krebspatienten nach sanften Therapieverfahren und Nutzung komplementärer Maßnahmen hat stark zugenommen. Viele Patienten nehmen Vitamine und andere Mikronährstoffe ein mit der Absicht, ihre Standardtherapie zu optimieren oder die therapie- und krankheitsbedingten Nebenwirkungen zu verringern. Bis zu 80 % der Betroffenen supplementiert antioxidative und immunstabilisierende Mikronährstoffe, häufig ohne das Wissen des behandelnden Arztes. Obwohl berechtigte Bedenken bestehen, dass Vitamine und andere Mikronährstoffe die Wirksamkeit einer Chemo- oder Strahlentherapie beeinträchtigen könnten, geben Studien zunehmend Hinweise darauf, dass die kontrollierte Einnahme von ausgewählten Mikronährstoffen (z. B. Selen) sogar die konventionelle Therapie unterstützen kann, insbesondere durch eine bessere Compliance, verringerte Rate an Therapieabbrüchen und höhere Dosierung.

In den vorliegenden Beiträgen von Dr. Ralph Mücke und Kollegen sowie Dr. Günther Stoll wird der Stellenwert des Selens in der onkologischen Intervention sowie in der Prävention und Therapie des Prostatakarzinoms vorgestellt. Die Bedeutung des Selens liegt dabei nicht nur in seiner Eigenschaft als tumorpräventive Substanz, sondern vor allem auch in seinen entzündungshemmenden Wirkungen und als wichtiges Supportivum in der tumorreduktiven Therapie.

In Anbetracht der zahlreichen fundamentalen Funktionen der Mitochondrien und ihrer komplexen Morphologie verwundert es nicht, dass Mitochondrien häufig das Zielkompartiment der arzneimittelinduzierten Toxizität der Zytostatika sind. Welchen Stellenwert mitotrope Mikronährstoffe wie L-Carnitin zur Reduktion der mitochondrialen Toxizität in der supportiven Onkologie haben, lesen Sie im Beitrag „Supportiver Einsatz mitotroper Mikronährstoffe: Mitochondriale Toxizität von Zytostatika“. Auch am Lebensende suchen Patienten und ihre Angehörigen nach komplementären Behandlungsansätzen, um das Leid zu lindern. Die Arbeitsgruppe um Dr. Jens Büntzel und Prof. Klaus Kisters stellt in ihrem interessanten Beitrag anhand von Patientenbeispielen die Einsatzmöglichkeiten von Spurenelementen und Elektrolyten in der Palliativsituation vor.

Neben der Ernährungstherapie entwickelt sich der kontrollierte und therapieangepasste Einsatz von Mikronährstoffen immer stärker zu einem wichtigen Baustein komplementär- und supportivonkologischer Therapiekonzepte. Es wäre wünschenswert, dass die klassische Krebstherapie dies endlich zum Wohle der Patienten akzeptiert und sich nicht weiterhin aufgrund mangelnder Erkenntnis, z. T. in arroganter Haltung, komplementären Maßnahmen gegenüber kategorisch verschließt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und bei der praktischen Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse.

Ihre Herausgeber

Dr. med. Hans-Peter Friedrichsen

Apotheker Uwe Gröber

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