Psychother Psychosom Med Psychol 2011; 61 - A011
DOI: 10.1055/s-0031-1272367

Progredienzangst und psychischer Distress bei Multipler Sklerose

A Dinkel 1, C Hausteiner 1, M Hoshi 2, B Hemmer 2, P Henningsen 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinikum rechts der Isar, TU München
  • 2Neurologische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, TU München

Hintergrund: Multiple Sklerose (MS) ist eine progrediente Erkrankung mit unterschiedlichen Verlaufsformen. Studien bei chronisch Kranken haben gezeigt, dass die Angst vor dem Fortschreiten einer Erkrankung (Progredienzangst) zu den stärksten Belastungen gehört und mit einer negativen psychischen Befindlichkeit assoziiert ist. Entsprechende Daten fehlen bisher bei MS.

Methoden: Im Rahmen einer Querschnittstudie wurden 59 Patienten einer universitären MS-Ambulanz befragt. Zum Einsatz kamen die Kurzform des Progredienzangstfragebogens (PA-F-KF) sowie der PHQ–4 (PHQ–2, GAD–2) zur Erfassung von Depressivität und Angst, ferner wurde nach dem Interesse an einer psychotherapeutischen Behandlung von Progredienzangst gefragt.

Ergebnisse: Die Patienten waren im Mittel M=37 Jahre alt (SD=11), 83% waren weiblich. Der Summenwert im PA-F-KF betrug M=30.9 (SD=10.7), im PHQ–2 M=1.72 (SD=1.49) und im GAD–2 M=1.79 (SD=1.65). 24.1% berichteten erhöhte Depressivität, 25.9% zeigten erhöhte Angst, und 16.7% zeigten erhöhte Progedienzangst. Progredienzangst korrelierte r=.30 (p < .05) mit Depressivität und r=.55 (p < .001) mit Angst. 61% der Patienten gaben an, Interesse an einer psychotherapeutischen Behandlung der Progredienzangst zu haben.

Diskussion: Die Ergebnisse legen nahe, dass ein substantieller Anteil an MS-Patienten unter Progredienzangst leidet. Dies ist mit einer weitergehenden Beeinträchtigung der psychischen Befindlichkeit assoziiert.