Rofo 2012; 184(4): 287-289
DOI: 10.1055/s-0031-1274793
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Pulmonary Alveolar Proteinosis – Pulmonal-alveoläre Proteinose

 SchabelC.,  HetzelJ.,  JoanoviciuS. D.,  HorgerM.
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Publication Date:
22 March 2012 (online)

Die pulmonal-alveoläre Proteinose (PAP) ist eine seltene Lungenerkrankung, welche auf einer gestörten Surfactant-Homöostase beruht und zu einer Akkumulation von Surfactant im Alveolarraum führt. Erkrankte Patienten weisen pulmonale Infiltrate und damit verbundene Hypoxämien auf. Die Prävalenz der PAP wird auf 0,37 pro 100 000 Einwohner geschätzt (Greenhill SR, Kotton DN. Chest 2009; 136: 571–577), wobei Männer doppelt so häufig betroffen sind wie Frauen (Khan A, Agarwal R. Respir Care 2011; 56: 1016–1028). Das mediane Alter der Patienten bei Erstdiagnose beträgt 39 Jahre, wobei die Diagnose durchschnittlich erst 7–10 Monate nach Auftreten der ersten Symptome gestellt wird. Um diese Zeitspanne so kurz wie möglich zu halten, ist eine Kenntnis der radiologischen Manifestationen unabdingbar.

Physiologischerweise kommen Surfactant-Phospholipide im Alveolarraum vor, in welchen sie von Typ-2-Pneumozyten sezerniert werden, um die Oberflächenspannung der Alveolen lebensnotwendigerweise zu senken und um zur Immunabwehr der Lunge beizutragen. Bei intakter Surfactant-Homöostase werden 80% der Phospholipide von den Typ-2-Pneumozyten recycelt und die verbleibenden von Makrophagen abgebaut und über das Lymphsystem abtransportiert (Khan A, Agarwal R. Respir Care 2011; 56: 1016–1028). Die Pathophysiologie der PAP beruht auf einer Akkumulation des Surfactants im Alveolarraum als Folge einer gestörten Homöostase. Als verantwortlich wurde im Jahr 1958 der Granulozyten-/Makrophagen-Kolonie-stimulierende Faktor-(GM-CSF)-Signalweg identifiziert. GM-CSF spielt dabei eine entscheidende Rolle in der Reifung und Funktion von Makrophagen. Es handelt sich bei der Erkrankung also um eine insuffiziente Ausscheidung des Surfactants bei normaler Produktion und Zusammensetzung. Histopathologisch zeigen sich abnorm vergrößerte Makrophagen und mit Diastase resistentem, periodic-acid-Schiff-positivem (PAS), granulärem und eosinophilem lipoproteinösem Material gefüllte Alveolen bei erhaltener Alveolararchitektur (Khan A, Agarwal R. Respir Care 2011; 56: 1016–1028). Die aus der broncho-alveolären Lavage (BAL) gewonnenen Proben zeigen dabei einen erhöhten Gehalt von Surfactant-Lipiden und Proteinen, tubulärem Myelin und membranösen Vesikeln (Greenhill SR, Kotton DN. Chest 2009; 136: 571–577). Von der PAP zu differenzieren sind Erkrankungen, welche auf einer gestörten Surfactant-Produktion beruhen. Ätiologisch lässt sich die PAP in 3 Untergruppen gliedern: autoimmun mit Antikörper gegen GM-CSF, hereditär als Mutation des GM-CSF-Rezeptors und sekundär als Folge von Erkrankungen, welche die Anzahl oder Funktion der Makrophagen negativ beeinflussen (Carey B, Trapnell BC. Clin Immunol 2010; 135: 223–235). Hierbei ist die autoimmune Genese bei Erwachsenen mit 90% der Fälle die häufigste Form, gefolgt von der sekundären. Die kongenitale Form tritt hingegen direkt nach der Geburt auf. Für die sekundäre Form werden hämatopoetische, genetische, immunologische und autoimmune Störungen sowie Infektionen und Staubinhalationen verantwortlich gemacht, jedoch ist die genaue Ätiologie in dieser Gruppe noch nicht abschließend geklärt.

Klinisch manifestiert sich die PAP meist subakut bei allmählicher Akkumulation von Surfactant in den Alveolen, welche eine zunehmende Dyspnoe verursacht. Im Verlauf können gelegentlich weißliches Sputum, Gewichtsverlust, Hämatoptysis oder Fieber auftreten (Khan A, Agarwal R. Respir Care 2011; 56: 1016–1028). PAP-Patienten sind anfällig für Superinfektionen, welche den Verlauf beschleunigen bzw. aggravieren können. Verantwortliche Erreger sind klassischerweise Streptokokken, Klebsiellen und Staphylokokken, jedoch treten atypische Erreger, wie Mykobakterien, Aspergillen, Nokardien überdurchschnittlich häufig auf. Die Diagnose der PAP wird gestellt auf Basis konventionell radiografischer und schnittbildgebender Verfahren sowie der Analyse von BAL-Proben, Gewebebiopsien und dem Nachweis von Antikörpern gegen GM-CSF. Im Röntgen-Thorax-Bild weist die PAP eine große bildmorphologische Variabilität auf. Sie manifestiert sich häufig als konfluierende, infiltrative Parenchymverdichtungen unterschiedlicher Dichte mit bilateralem diffusen oder fleckigem Verteilungsmuster, welches perihilär betont ist und nach basal zunimmt ([Abb. 1 a–b]). Unilaterale Manifestationen sind jedoch möglich. Die Manifestationen können im Verlauf regredient, konstant oder zunehmend sein (Holbert JM, Costello P, Li W et al. AJR Am J Roentgenol 2001; 176: 1287–1294). Eine stauungsassoziierte Genese kann bei fehlender Kardiomegalie und fehlenden Pleuraergüssen abgegrenzt werden (Khan A, Agarwal R. Respir Care 2011; 56: 1016–1028). Für die bildgebende Diagnostik der PAP ist die Computertomografie (CT) der Goldstandard. Bildmorphologisch treten Parenchymkonsolidierungen, milchglasartige Trübungen (ground-glass Opacity) und interstitielle Veränderungen auf, welche isoliert oder kombiniert auftreten können ([Abb. 2a–b]). In der Mehrzahl der Fälle zeigen sich zusätzlich intralobuläre Verdickungen, welche sich in Kombination mit den Milchglastrübungen und Parenchymverdichtungen als landkartenartig verteilte „crazy paving pattern“ demarkieren ([Abb. 3a–d]). Letztere sind für eine PAP verdächtig, jedoch nicht pathognomonisch. Die Verteilung in der Lunge ist häufig bereichsweise uniform und nimmt nach basal zu. Bezogen auf den zeitlichen Verlauf weist die PAP eine hohe Variabilität auf: So können die pathologischen Befunde zunehmen, konstant bleiben, abnehmen oder ein Mischbild von den zuvor genannten sein, d.h. im selben Patienten an einer Stelle zunehmen und an einer anderen abnehmen. Ausgesparte sekundäre Lungenlobuli führen in der Regel zu einem sogenannten Mosaikmuster. In seltenen Fällen zeigen sie zusätzliche fibrotische Veränderungen. Nicht typisch sind hingegen pathologisch vergrößerte Lymphknoten, können jedoch reaktiv bei einer Superinfektion auftreten. Differenzialdiagnostisch sollten ein Lungenödem, eine Alveolarhämorrhagie, eine Hypersensitivitätspneumonie, eine toxische Alveolitis oder ein bronchioalveoläres Karzinom erwogen werden (Holbert JM, Costello P, Li W et al. AJR Am J Roentgenol 2001; 176: 1287–1294). Die Diagnose einer PAP kann in Zusammenschau mit der Analyse der BAL-Proben gesichert werden, welche große Mengen Phospholipide und Surfactant-Proteine sowie vergrößerte, schaumige Makrophagen mit diastaseresistenten, PAS-positiven Einschlusskörperchen enthalten. Die Diagnose kann weiterhin über eine Biopsie oder durch Nachweis von GM-CSF-Antikörpern im Blut gesichert werden.

Abb. 1 Konventionelle Röntgen-Thorax-Aufnahmen im PA (a) und lateralen (b) Strahlengang bei PAP. Es demarkieren sich fleckige, teilweise konfluierende, bipulmonale, unterschiedlich dichte infiltrative Parenchymverdichtungen mit heterogenem Verteilungsmuster, welches perihilär betont ist und nach basal zunimmt. Es zeigen sich keine stauungsinfiltrattypischen Veränderungen, wie Pleuraergüsse, Kardiomegalie oder basoapikale Umverteilung der Lungenstrombahn.

Abb. 2a–b Axiale native hochaufgelöste CT-Aufnahme (HRCT) im Lungenfenster mit milchglasartigen Trübungen (GGO) und angedeutetem Mosaikmuster.

Als therapeutischer Standard für die PAP ist die bronchopulmonale Lavage etabliert, bei welcher die Lungenhälften separat voneinander gespült werden. Es erfolgt eine unilaterale Beatmung mit einem Doppellumentubus, während die kontralaterale Lunge mit bis zu 30 l Kochsalzlösung in mehreren Passagen lavagiert wird. Die gewonnenen BAL-Proben werden mit jeder Spülung klarer ([Abb. 4c]). Die Therapie ist in der Mehrzahl der Fälle erfolgreich und kann gegebenenfalls wiederholt werden (Gale ME, Karlinsky JB, Robins AG. AJR Am J Roentgenol 1986; 146: 981–985). Bildmorphologisch zeigt sich nach erfolgreicher Behandlung eine signifikante Regredienz der PAP-Manifestationen ([Abb. 4a, b]). Neuartige Therapieansätze zielen auf eine Substitution des GM-CSF ab und sind mit Erfolg versprechenden Ergebnissen in der Anfangsphase der klinischen Studien (Khan A, Agarwal R. Respir Care 2011; 56: 1016–1028; Carey B, Trapnell BC. Clin Immunol 2010; 135: 223–235).

Abb. 3a–d Axiale native HRCT-Aufnahmen im Lungenfenster ([Abb. 2a, b]). Es lassen sich sowohl milchglasartige Trübungen als auch intra- und interlobuläre Septenverdickungen, welche sich in Kombination mit den zuvor genannten Veränderungen als landkartenartig verteiltes „crazy paving pattern“ demarkieren. Letztere sind für eine PAP verdächtig, jedoch nicht pathognomonisch.

Abb. 4 Konventionelle Röntgen-Thorax-Aufnahmen im posterioranterioren Strahlengang bei PAP. Vor BAL (a) mit nodulären, teilweise konfluierenden, bipulmonalen, infiltrativen Parenchymverdichtungen mit fleckigem Verteilungsmuster. (b) bei Zustand nach 2-zeitiger bipulmonaler BAL mit bis zu 30 l Kochsalzlösung pro Lunge in mehreren Passagen, welche im Verlauf an Lipoproteinen und Surfactant-Proteinen verlieren und somit klarer werden (c).

Zusammenfassend bleibt die pulmonal-alveoläre Proteinose eine seltene Krankheit, welche sich konventionell radiografisch und CT-morphologisch mit eindrücklichen pulmonalen Veränderungen manifestiert und sicher diagnostiziert werden sollte, um eine entsprechende Therapie zum Wohl des Patienten einleiten zu können.

Schabel C, Hetzel J, Joanoviciu SD (UMFT), Horger M, Tübingen

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