Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2011; 46(3): 172-176
DOI: 10.1055/s-0031-1274928
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anästhesie in anästhesiefeindlicher Umgebung – Tätigkeitsfeld Rettungshubschrauber

Anaesthesia under unfavorable conditions – rescue helicopterPeer G. Knacke, Hartmut Gehring, Petra Saur
Further Information

Publication History

Publication Date:
11 March 2011 (online)

Zusammenfassung

Rettungshubschrauber dienen der Notarztzuführung und dem Transport von Notfallpatienten. Dabei ist das Platzangebot deutlich eingeschränkt. Ein Transport erfolgt unter räumlicher Enge und hohem Lärmpegel. Akustische Alarme oder Geräusche am Patienten sind kaum wahrzunehmen, sodass der Blick auf optische Alarme zwingend erforderlich ist. Die Umgebungsbedingungen beeinträchtigen die Konzentration auf den Patienten.

Besonders kritische Phasen sind Umlagerungsmanöver. Immer muss sich das gesamte apparative Monitoring und das Beatmungsgerät im Sichtfeld des Notarztes befinden, Medikamente müssen greifbar und schnell einsatzbereit sein und der Sauerstoffvorrat ist zu beachten. Infusionen und Möglichkeiten der Atemwegssicherung sind im Vorwege bereitzulegen. Standardisiertes Arbeiten unter Zuhilfenahme von Algorithmen und Kenntnis von Therapieempfehlungen und Leitlinien helfen, Fehler zu vermeiden.

Um die Versorgung von Notfallpatienten in Rettungshubschraubern zu optimieren, werden spezielle Einweisungslehrgänge für den Einsatz in der Luftrettung angeboten. Ein Simulatortraining zum Üben verschiedener Szenarien und die Etablierung eines CIRS-Systems sind anzuraten.

Abstract

Rescue helicopters are used for emergency care and transport of emergency patients. The dimension of the cabin is clearly limited. A transport is carried out under spatial narrowness and high noise levels. Acoustic alarms or noises caused by the patient are hardly to be perceived, so that the view at optical alarms is necessary. Environmental conditions affect the concentration on the patient. Rearrangement maneuvers represent the most critical phases. Always the whole apparative monitoring and respirator must be in the field of view of the emergency doctor, drugs to the care must be handy to be quickly administered, the quantity of oxygen has to be observed. Infusions and option of airway management are ready to set in advance. Standardized work with the aid of algorithms and knowledge of treatment recommendations and guidelines help to prevent errors. To optimize the care of emergency patients, special training courses for the crew of rescue helicopters are offered. A training simulator to practice different scenarios and the establishment of a CIRS system are recommended.

Kernaussagen

  • Die in der Luftrettung eingesetzten Hubschraubertypen sind ein Kompromiss zwischen Zuführungs- und Transporthubschrauber und verfügen über ein eingeschränktes Platzangebot mit reduziertem Arbeitsbereich.

  • Das Arbeiten unter ungünstigen Bedingungen setzt ein rasch abrufbares und intensives Maß an Flexibilität und Interdisziplinarität vom Notarzt voraus.

  • Prinzipiell befindet sich ein Notfallpatient in einer „narkosefeindlichen Umgebung“. Daher sollten vor Narkoseeinleitung so weit wie möglich standardisierte Bedingungen geschaffen werden, um das Risiko zu minimieren.

  • Falls eine Maßnahme nicht gelingt, sollte im Vorfeld ein „Plan B“ für ein alternatives Vorgehen existieren, kommuniziert und umgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für Probleme der Atemwegssicherung.

  • Umlagerungsmanöver sowie das Be- und Entladen des Rettungshubschraubers sind bei narkotisierten Patienten besonders kritische Phasen.

  • Vor Beginn des Transports sollte die Versorgung des Patienten abgeschlossen sein und sich während des Transports auf die Narkoseaufrechterhal-tung, den Wechsel von Infusionen und ggf. weitere pharmakologische Therapien unter erweitertem Monitoring beschränken.

  • Durch die hohe Umgebungslautstärke im Hubschrauber und Gespräche über die Intercom-Verbindung werden akustische Alarme des Monitorings oder Geräusche am Patienten nicht wahrgenommen. Das Monitoring muss darum immer im Blick behalten werden, um optische Alarme wahrnehmen zu können.

  • Voraussetzung für den Transport ist, dass sich das gesamte apparative Monitoring und das Beatmungsgerät im Sichtfeld des Notarztes befinden, Medikamente zur Versorgung in ausreichender Menge und Dosierung greifbar und schnell einsatzbereit sind sowie der Sauerstoffvorrat in einer ausreichenden Menge (und Druck) zur Verfügung steht. Ebenfalls zu überprüfen ist die ausreichende Akkukapazität medizinischer Geräte.

  • Spezifische Einweisungslehrgänge bereiten auf klassische Einsatzsituationen im Luftrettungsdienst vor und stellen Besonderheiten fokussiert dar. Ein zusätzliches Simulatortraining zum Üben kritischer Szenarien ist jedem in der Luftrettung aktiven Notarzt anzuraten.

  • Ein Critical Incident Reporting System (CIRS) ermöglicht, Systemschwächen aufzudecken und diesen dann gezielt entgegenzuwirken.

Weiteres Material zum Artikel

Literaturverzeichnis

  • 1 Gries A, Zink W, Bernhard M et al.. Einsatzrealität im Notarztdienst.  Notfall Rettungsmed. 2005;  8 391-398
  • 2 Hohenstein C, Fleischmann T. Patientensicherheit im Hochrisikobereich. Ein Critical Incident Reporting System (CIRS) für die präklinische Notfallmedizin.  Der Notarzt. 2007;  23 1-6

Dr. med. Peer G Knacke
Prof. Dr. med. Hartmut Gehring
Prof. Dr. med. Petra Saur

Email: P.Knacke@t-online.de

Email: gehring@uni-luebeck.de

Email: p.saur@sana-oh.de

>