Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2011; 46(5): 324-328
DOI: 10.1055/s-0031-1277974
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der intraossäre Zugang in der präklinischen Notfallmedizin – Indikationen, Equipment und Durchführung

The intraosseous access in preclinical emergency medicine – Indication, equipment and procedurePhilipp Kellner, Mario Eggers, Barbara Rachut
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Publikationsdatum:
10. Mai 2011 (online)

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Zusammenfassung

Der periphervenöse Zugang bleibt aus vielen Gründen Mittel der ersten Wahl, um im Notfall Medikamente zu verabreichen. Die intraossäre Injektion stellt jedoch eine gute Alternative bei schwierigen Venenverhältnissen dar. Hierdurch lässt sich das therapiefreie Intervall, die „no flow time“ und die präklinische Rettungszeit maßgeblich minimieren. Die Handhabung ist einfach und schnell erlernbar, bezüglich der Pharmakotherapie müssen keine Besonderheiten beachtet werden. Die niedrige Durchflussrate kann durch veränderte Behandlungsstrategien meist kompensiert werden. Grundsätzlich existieren keine absoluten Kontraindikationen. Die Risiken können in der akuten Notfallsituation vernachlässigt werden. Die endobronchiale oder zentralvenöse Applikation von Medikamenten hat ihren Stellenwert in der Primärversorgung des präklinischen Notfallpatienten, bis auf wenige seltene Ausnahmen, verloren.

Abstract

The peripheral venous access remains the first-line method to administer drugs in emergency cases. The intraosseous injection, however, represents a good alternative in difficult situations. In this way the therapy-free period ? the "no flow time" ? and the preclinical rescue time are essentially minimised. The procedure is simple and quickly learnt, also no special features with regard to pharmacotherapy need to be observed. The low flow rate can mostly be compensated for by changing the treatment strategy. In principle, there are no absolute contraindications. The risks can be neglected in the acute emergency situation. Endobronchial and central venous routes for the administration of drugs have now lost their position in the primary preclinical management of emergency patients, except for a few exceptional circumstances.

Kernaussagen

  • Erste Wahl der Medikamentenapplikation: periphervenös.

  • Inzidenz der schwierigen bzw. unmöglichen peripheren Venenpunktion beim vitalgefährdeten Patienten: > 20 %.

  • Folge wiederholter frustraner Venenpunktionsversuche: Verzögerung der adäquaten Therapie mit konsekutiver Prognoseverschlechterung.

  • Keine Alternative: endobronchial oder zentralvenös.

  • Effektive und gleichwertige Alternative: intraossär.

  • Keine Besonderheiten in der Pharmakotherapie: i. o. = i. v. bei niedriger Durchflussrate.

  • Punktionsort der ersten Wahl in allen Alterstufen: proximale Tibia.

  • Punktionsmaterial: vielfältig, semiautomatische Produkte erscheinen vorteilhaft.

  • Punktionstechnik: einfach und schnell erlernbar, bei kurzer Anlagedauer und hoher Erfolgsrate.

  • Risiken und Komplikationen: im Notfall zu vernachlässigen.

  • Keinem vitalgefährdeten Patienten sollte die Applikation lebensrettender Medikamente aufgrund schlechter Venenverhältnisse länger als 120 s vorenthalten werden!

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Literaturverzeichnis

Dr. med. Philipp Kellner
Dr. med. Mario Eggers
Dr. med. Barbara Rachut

eMail: phil.kellner@gmx.de