Z Gastroenterol 2011; 49 - P28
DOI: 10.1055/s-0031-1279865

Chemotherapie-assoziierte Obstipation und Diarrhoe – Sehen wir die Patientenbedürfnisse wirklich?

B Jagdt 1, G Lobmaier 1, F Renner 1
  • 1Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Abteilung für Innere Medizin, Ried i. l.

Hintergrund: Diarrhoe und Obstipation sind gut bekannte gastrointestinale Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Während die Diarrhoe sehr gut dokumentiert ist mit Listung als Nebenwirkung in fast allen großen Studien wird die Obstipation kaum angeführt. Wir untersuchten daher prospektiv die Symptome Diarrhoe und Obstipation hinsichtlich Prävalenz, Grading nach CTCAE (Common terminology criterta of adverse events), Medikation und Einfluss auf die Lebensqualität in einer nicht-studienerfassten onkologischen Population.

Methode: Alle von 1. bis 31. März 2010 zur Chemotherapie bei verschiedenen onkologischen Entitäten aufgenommenen Patienten wurden konsekutiv mittels Fragebogen interviewt hinsichtlich u.a. Karnowsky-Index, Stuhlfrequenz, stuhlbezogene Medikation. Anhand der Krankengeschichten wurden diese Daten vervollständigt. Die statistische Analyse erfolgte primär deskriptiv und nonparametrisch vergleichend.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 201 Fragebögen ausgegeben mit einem Rücklauf von 81% (162 Bögen). Diarrhoe wurde von 44 Patienten (22%) und Obstipation von 54 (27%) Patienten berichtet (n.s Die klinische Relevanz gemessen am Grading nach CTCAE war tendenziell unterschiedlich für Diarrhoe und Obstipation W: 53% vs. 69%, W: 47% vs. 7%, IW: 0% vs. 24%), aber aufgrund der Fallzahl nicht signifikant. Eine relevante Reduktion der Lebensqualität wurde sowohl für die Diarrhoe (8%) als auch für die Obstipation (7%) berichtet. Die gastrointestinalen Nebenwirkungen hatten keinen relevanten Einfluss auf die Dosisdichte der Chemotherapie und war nicht an bestimmte Medikamente der Chemotherapie gebunden. Allerdings unterschied sich der Bedarf an Medikation hinsichtlich der Nebenwirkungen signifikant mit 65% vs. 100% (p<0,01) mit einem erhöhten Behandlungsbedarf bei Obstipation.

Diskussion: Die von uns gefundene Prävalenz von Obstipation und Diarrhoe ist in Übereinstimmung mit der Literatur. Im Vergleich erweist sich aber die Obstipation als für den Patienten relevanter gemessen an der Intensität der Beschwerden, dem symptombezogenen Medikamentengebrauch und dem Grading nach CTACE. Dies steht im klaren Kontrast zu z.B. der Listung in Nebenwirkungstabellen großer Studien und der einschlägigen onkologischen Literatur. Weitere Untersuchungen sollten die Obstipation als führende gastrointestinale Nebenwirkung in der Onkologie hinsichtlich Pathogenese und gezielter therapeutischer Interventionen zum Thema haben, um proaktiv allen Patienten entsprechende supportive Maßnahmen anbieten zu können.