Ultraschall Med 2011; 32(4): 339-341
DOI: 10.1055/s-0031-1281593
Editorial/Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Standardisierung der gynäkologischen Ultraschalldiagnostik

Standardization of Ultrasound Diagnostics in GynecologyU. Gembruch1 , E. Merz1
  • 1Universitäts-Frauenklinik Bonn
    Krankenhaus Nordwest, Frankfurt
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Publication Date:
01 August 2011 (online)

In den beiden letzten Dekaden hat der Einsatz bildgebender Verfahren auf allen Gebieten der Gynäkologie beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft sowohl die allgemeine Gynäkologie, Urogynäkologie, Reproduktionsmedizin und gynäkologische Onkologie [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8]. Obwohl auf dem onkologischen Sektor häufig auch die Computer- und Magnetresonanztomografie eingesetzt werden, repräsentiert die Ultraschalldiagnostik das wichtigste, verbreitetste und bei weitem am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Gynäkologie. Genutzt wird die Ultraschalldiagnostik in gynäkologischen Praxen, Ambulanzen und Kliniken bei allen symptomatischen gynäkologischen Patientinnen, aber auch bei de facto allen Patientinnen mit auffälligen oder unklaren Tastbefunden und vielfach auch zur Komplettierung einer gynäkologischen Routineuntersuchung. Die enorme gerätetechnische Entwicklung hat in den letzten Jahren zu einer erheblichen Verbesserung der Bildqualität und zur Entwicklung komplementärer Techniken (Farbdoppler-, Doppler-, 3-D/ 4-D-Sonografie und Hysterokontrastsonografie) geführt, die die Qualität der sonografischen Diagnostik deutlich verbesserte und neue Einsatzgebiete erschloss. Basierend auf den Ergebnissen von mehreren großen internationalen Studien, ist es nun an der Zeit, einen evidenzbasierten Einsatz der Ultraschalltechnologie im Bereich der Gynäkologie zu fordern.

Wie auch beim Einsatz der Sonografie in der Geburtshilfe sind es einerseits die Patientinnen-assoziierten und nicht zu beeinflussenden Faktoren (z. B. BMI), andererseits die apparative Ausstattung und das Training bzw. die Qualifikation des Untersuchers, die die Ergebnisqualität bei der Ultraschalldiagnostik entscheidend beeinflussen. Der Weg zu einer verbesserten Qualität bei der sonografischen Diagnostik, wie er national und international auf den Gebieten Ersttrimester- und Zweittrimesteruntersuchung, Doppler-Sonografie und fetale Echokardiografie in der Schwangerenüberwachung bzw. feto-maternalen Medizin bereits schon lange beschritten wurde, ist die Erarbeitung von Empfehlungen und Leitlinien zur Standardisierung dieser Untersuchungen. Diese sind nicht nur eine Hilfestellung für den Untersucher, sondern stellen auch die Grundlage für die Qualitätssicherung sowie für Fort- und Weiterbildungsprogramme dar.

Für Deutschland hat nun eine Arbeitsgruppe im Auftrag der DGGG und der DEGUM die noch bestehende Lücke geschlossen, indem sie erstmals „Standards zur gynäkologischen Sonografie” formulierte, die in diesem Heft publiziert sind [9]. Sinnvollerweise wird bei diesen Empfehlungen zwischen einer sonografischen Basisuntersuchung und einer weiterführenden gynäkologischen Ultraschalldiagnostik im Sinne eines Stufenkonzepts unterschieden. Entsprechend werden auch die jeweils unterschiedlichen Anforderungen an den Untersuchungsablauf, die apparative Ausstattung und die Bilddokumentation definiert.

Die Implementierung dieser Empfehlungen in Praxis und Klinik wird sicherlich die Qualität der gynäkologischen Ultraschalluntersuchung in Deutschland verbessern. Da in unserem derzeitigen Gesundheitssystem gerade die Qualität der Basisuntersuchung in der Praxis den wesentlichen Anteil an der Effizienz sonografischer Untersuchungen hat, sollten alle Beteiligten versuchen, die Empfehlungen in der Praxis umzusetzen, auch um das Leistungspotenzial des Ultraschalls gegenüber den alternativen bildgebenden Verfahren, wie CT und MRT, zu nutzen. Aber auch die klinischen gynäkologischen Zentren sind gefordert, das Potenzial der Ultraschalldiagnostik besser zu nutzen und eine entsprechende Ausbildung ihrer Mitarbeiter/Innen zu gewährleisten. Gerade hier bestehen in Deutschland derzeit große Defizite. Auch mag die Aufwertung der klinischen gynäkologischen Ultraschalldiagnostik indirekt auch das wissenschaftliche Interesse an dieser Thematik fördern. Dieses hat in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gelitten. Die nun aufgestellten Empfehlungen zur weiterführenden gynäkologischen Ultraschalldiagnostik basieren neben den langjährigen Erfahrungen der Mitglieder der Arbeitsgruppe weitestgehend auf den Ergebnissen großer internationaler Studien.

Abschließend soll noch darauf hingewiesen werden, dass die derzeitige Datenlage – auch bei standardisierter Untersuchung – den Einsatz der Ultraschalldiagnostik als Screeningverfahren bezüglich einer Früherkennung von Ovarial- und Endometriumkarzinomen im Low-risk-Kollektiv nicht stützt, auch nicht als multimodales Screening in Kombination mit Tumormarkern [10] [11]. Der generelle Einsatz der gynäkologischen Sonografie mit dem Ziel einer Malignomfrüherkennung bei asymptomatischen, nicht vorbelasteten Frauen kann daher derzeit auch nicht als sinnvoll erachtet werden. Auch wird in allen Statements der internationalen und nationalen Fachgesellschaften davon abgeraten. Allerdings besteht die Hoffnung, dass sowohl für das Endometrium- als auch für das Ovarialkarzinom Wege gefunden werden, die es gestatten, auch unter asymptomatischen Frauen – prä- und/oder postmenopausal – weitere Risikogruppen zu definieren, bei denen der Einsatz einer standardisierten Ultraschalldiagnostik sinnvoll erscheint. Proteom- und Genonomstudien sowie Studien zur Kombination mehrerer Biomarker sind derzeit im Gange.

Voraussetzung für einen breiten Einsatz des Ultraschalls in der gynäkologischen Diagnostik sind allerdings die Gewährleistung einer Standardisierung von Untersuchungsablauf, apparativer Ausstattung und Befunddokumentation und vor allem eine adäquate Qualifikation des Untersuchers. Die nun publizierten Empfehlungen von DGGG und DEGUM liefern hierzu die notwendige Basis.

Prof. Dr. U. Gembruch

DEGUM-Sektionsleiter

Gynäkologie und Geburtshilfe

Prof. Dr. E. Merz

Herausgeber/Editor

Ultraschall in der Medizin

Literatur

  • 1 Merz E, Weber G, Bahlmann F et al. A new sonomorphologic scoring-system (Mainz Score) for the assessment of ovarian tumors using transvaginal ultrasonography.  Ultraschall in Med. 1998;  19 99-107
  • 2 Weber G, Merz E, Bahlmann F et al. A new sonomorphologic scoring-system (Mainz Score) for the assessment of ovarian tumors using transvaginal ultrasonography. Part II: A comparison between the scoring-system and the assessment by an experienced sonographer in postmenopausal women.  Ultraschall in Med. 1999;  20 2-8
  • 3 Timmermann D, Valentin L, Bourne T H et al. Terms, definitions, and measurements to describe the sonographic features of adnexal tumors: a consensus opinion from the International Ovarian Tumor Analysis (IOTA) Group.  Ultrasound Obstet Gynecol. 2000;  16 500-505
  • 4 Tunn R, Schaer G, Peschers U et al. Aktualisierte Empfehlungen zur Sonographie im Rahmen der urogynäkologischen Diagnostik. Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie und Beckenbodenrekonstruktion e. V. (AGUB) (Deutschland), Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie und rekonstruktive Beckenbodenchirurgie (Österreich), Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie (Schweiz).  Geburtsh Frauenheilk. 2004;  64 673-678
  • 5 Leone F PG, Timmermann D, Bourne T et al. Terms, definitions and measurements to describe the sonographic of the endometrium and intrauterine lesions: a consensus opinion from the International Endometrial Tumor Analysis (IETA) group.  Ultrasound Obstet Gynecol. 2010;  35 103-112
  • 6 Gibreel A, Maheshwari A, Bhattacharya S et al. Ultrasound tests of ovarian reserve; a systematic review of accuracy in predicting fertility outcomes.  Hum Fertil. 2009;  12 95-106
  • 7 Ng E H, Chan C C, Tang O S et al. The role of endometrial and subendometrial vascularity measured by three-dimensional power Doppler ultrasound in the prediction of pregnancy during frozen-thawed embryo transfer cycles.  Hum Reprod. 2006;  21 1612-1617 . Epub 2006 Jan 31
  • 8 Merz E, Benoit B, Blaas H G et al. Standardization of three-dimensional images in obstetrics and gynecology: consensus statement.  Ultrasound Obstet Gynecol. 2007;  29 697-703
  • 9 Standards zur gynäkologischen Sonographie. vom Verlag zu komplettieren. 
  • 10 Menon U, Gentry-Maharaj A, Hallet R et al. Sensitivity and specificity of multimodal and ultrasound screening for ovarian cancer, and stage distribution of detected cancers: results of the prevalence screen of the UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS).  Lancet Oncol. 2009;  10 327-340
  • 11 Cragun J M. Screening for ovarian cancer.  Cancer Control. 2011;  18 16-21
  • 12 Jacobs I, Gentry-Maharaj A, Burnell M et al. Sensitivity of transvaginale ultrasound screening for endometrial cancer in postmenopausal women: a case-control study within the UKCTOCS cohort.  Lancet Oncol. 2011;  12 38-48

Prof. Dr. E. Merz

Chefarzt der Frauenklinik Krankenhaus Nordwest

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