Suchttherapie 2011; 12 - S6_06
DOI: 10.1055/s-0031-1284505

Geschlechtsunterschiede bei jugendlichen Rauschtrinkern

M Stürmer 1, J Wolstein 2
  • 1Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft, München
  • 2Universität Bamberg, Bamberg

Fragestellung: Häufiger Gegenstand aktueller Diskussionen ist die These, dass Mädchen bezüglich ihres Alkoholkonsumverhaltens zu den Jungen aufschließen. Gibt es vor diesem Hintergrund Unterschiede bei stationär behandelten Jungen und Mädchen in Bezug auf Häufigkeit, Ursache, Ablauf und Folgen einer akuten Alkoholintoxikation? Methode: Im Rahmen des HaLT-Projekts in Bayern (1) wurden 1128 Kinder und Jugendliche (m=647 (57,4%) und w=481 (42,6%)) in der Klinik standardisiert zur Intoxikation und ihrem habituellen Alkoholkonsumverhalten befragt. Für die folgende Studie wurden die Daten nach geschlechtsspezifischen Unterschieden ausgewertet. Ergebnisse: In der Altersgruppe der 10–14-Jährigen zeigte sich ein annähernd ausgeglichenes Geschlechterverhältnis mit leichtem Überhang bei den Mädchen (51,3%). Hingegen lag der Anteil der Jungen bei den 15–17-Jährigen bei 60,5% und bei den 18-Jährigen bei 53,6%. Es bestanden keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Bildungssituation. Mädchen tranken die intoxikationsrelevante Alkoholmenge signifikant häufiger innerhalb einer Stunde als Jungen. Zum Zeitpunkt der Einlieferung zeigten Mädchen im Durchschnitt niedrigere Blutalkoholwerte. Zudem lag der Anteil von Mädchen, die bei Einlieferung komatös waren, niedriger als bei den Jungen. Schlussfolgerungen: Mädchen werden in jüngerem Alter wegen einer Alkoholintoxikation in die Klinik eingewiesen, möglicherweise aufgrund ihres biopsychosozialen Entwicklungsvorsprungs. Dies sollte für die Präventionsarbeit berücksichtigt werden. Im Falle einer Alkoholintoxikation werden sie bereits bei milderen Intoxikationen (BAK, komatöser Zustand) eingeliefert. Ursachen könnten in einer geringeren Alkoholverträglichkeit oder einem niedrigschwelligeren Einweisungsverhalten liegen. Deshalb muss die Geschlechterrelation bei den Krankenhausbehandlungszahlen mit Vorsicht interpretiert werden.

 

Literatur: 1. Stürmer M, Mutert S, Tretter F, Wolstein J (2010) Aktuelle Entwicklungen der bayernweiten Implementierung des alkoholspezifischen Präventionsprojektes HaLT – Hart am Limit. Prävention 01, 15-18