Suchttherapie 2011; 12 - S13_3
DOI: 10.1055/s-0031-1284539

Kokainabhängigkeitssyndrom und sexuelle Störungen

F Gottschalk 1
  • 1Suchthilfezentrum, Frankfurt

Der Vortrag befasst sich mit der Komorbidität von Kokainabhängigkeitssyndrom und sexuellen Störungen. Es werden Beobachtungen aus Beratungsgesprächen, Einzel- und Gruppentherapien vorgestellt, die im Verlauf eines seit 2004 im Suchthilfezentrum Bleichstraße Frankfurt durchgeführten Projektes „Abstinenztherapie für Kokainabhängige“ durchgeführt wurden. Darüber hinaus werden erste Ergebnisse einer 2011 begonnenen Studie vorgestellt, die darüber Auskunft geben soll wie häufig und welche Ausprägungen sexueller Störungen bei Personen mit einem Kokainabhängigkeitssyndrom auftreten. Aufgrund der neurophysiologischen Wirkung von Kokain können eine Reihe von körperlichen und psychischen Folgen resultieren, unter anderem eine hohe körperliche Erregung, Euphorie, erhöhtes Selbstvertrauen und Energiegefühl, egozentrisches Verhalten, reduziertes Schlafbedürfnis, aber auch psychotische Symptome. In Bezug auf den Einfluss von Kokain auf Libido und sexuelles Verhalten existieren bisher widersprüchliche Ergebnisse. Zum einen wird Kokain kurzfristig eine sexuell stimulierende Wirkung zugesprochen. Zum anderen wird in der Literatur von einem Verlust des sexuellen Interesses und einer eingeschränkten Orgasmusfähigkeit bei chronischem Kokainkonsum berichtet. Bisher lag der Focus wissenschaftlicher Publikationen auf der Betrachtung von sexuellen Funktionsstörungen. Kokainabhängige berichten aber darüber hinaus über ein gesteigertes Maß an sexuellen Aktivitäten, Selbstbefriedigung, Pornographiekonsum, Nutzung von Pay-Sex-Angeboten und andere Veränderungen im sexuellen Verhalten. Dies lässt eine nicht selten auftretende Komorbidität von Paraphilien und Paraphilie-verwandten Syndromen bei dem Kokainabhängigkeit vermuten. Zusammenhänge mit der sexuellen Sucht werden mit einbezogen.