Suchttherapie 2011; 12 - S31_2
DOI: 10.1055/s-0031-1284611

Multipler Substanzkonsum bei Drogenabhängigen: – Baseline-Konsummuster und deren Veränderungen im Laufe eines Konsumreduktionsprogramms

G Becker 1, HV Happel 2, J Körkel 3, G Lipsmeier 2
  • 1Integrative Drogenhilfe e.V., Frankfurt am Main
  • 2FH Frankfurt a. M., Fachbereich 04 Soziale Arbeit und Gesundheit, Frankfurt am Main
  • 3Evangelische Hochschule Nürnberg, Nürnberg

Alle größeren Behandlungsstudien mit Drogenabhängigen–ob in Australien („ATOS“), Großbritannien („NTORS“), Irland („ROSIE“) oder den USA („DATOS“)–demonstrieren, dass multipler Substanzkonsum der Regelfall unter den Behandelten ist. Die in diesen Studien herangezogenen Erfolgskriterien beziehen sich aber oftmals nur auf eine oder einige wenige Substanzen. Vor allem aber bleibt in der Regel ungeklärt, welche Substanzkombinationen in welcher Häufigkeit vorkommen, welchen Prädiktionswert diese für den Behandlungserfolg besitzen und welche Substanzkombinationen nach der Behandlung fortbestehen. Seit einiger Zeit wird in Publikationen auf diesen Missstand hingewiesen (z.B. Berchtold, Akré, Jeannin, Michaud, & Suris 2011; Rounsaville, Petry & Carroll 2003; Strain, 2003). Zur empirischen Klärung der zuvor genannten Fragen wurden anhand einer Stichprobe von 113 langjährig Drogenabhängigen der Frankfurter „Drogenszene“ die Häufigkeit des Konsums von 14 verschiedenen psychotropen Substanzen, die Substanzmengen und -kombinationen sowie die Veränderung der Konsummuster nach Teilnahme am Konsumreduktionsprogramm „KISS“ (=Kompetenz im selbstbestimmten Substanzkonsum) analysiert. Die Ergebnisse machen deutlich, dass selbst in einer Kohorte relativ homogen erscheinender „SzenekonsumentInnen“ äußerst unterschiedliche Muster konsumierter Substanzen existieren und auch die Konsummengen, die in den Drogenkonsum investierten Geldausgaben sowie die erwünschten Konsumänderungen (kein Änderungswunsch/reduzierter Konsum/Abstinenz) erheblich variieren. Zudem sind die einzelnen Konsummuster unterschiedlich prädiktiv für den Behandlungserfolg. Konsequenzen für eine differenziertere Konsumdiagnostik und Behandlungsplanung werden aufgezeigt.

Literatur: Berchtold, A., Akré, C., Jeannin, A., Michaud, P.-A. & Suris, J.-C. (2011). First consumption ever of multiple substances: Applying an expert-based taxonomy to a Swiss national sample of adolescents. Addictive Behaviors, 36, 68–72. Rounsaville, B., Petry, N. & Carroll, K. (2003). Single versus multiple drug focus in substance abuse clinical trials research. Drug and Alcohol Dependence, 70, 117-125. Strain, E.C. (2003). Single versus multiple drug focus in substance abuse clinical trials research: The devil is in the details. Drug and Alcohol Dependence, 70, 131-134