Z Gastroenterol 2011; 49 - P385
DOI: 10.1055/s-0031-1285656

Umsetzung etablierter medikamentöser Therapiekonzepte von typischen Komplikationen bei Leberzirrhose im klinischen Alltag – Ergebnisse einer retrospektiven single center study

F Gundling 1, H Seidl 1, W Schepp 1
  • 1Klinikum Bogenhausen, Technische Universität München, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und gastroenterologische Onkologie, München, Germany

Einleitung: Für die korrekte medikamentöse Behandlung, z.B. von Aszites oder Pfortaderhochdruck, existieren zahlreiche nationale und internationale Empfehlungen mit Leitliniencharakter. Die tatsächlich geübte Praxis scheint jedoch häufig davon abzuweichen. Ziel der vorliegenden retrospektiven single center study war daher eine Analysierung der Umsetzung etablierter medikamentöser Therapiekonzepte im klinischen Alltag.

Methodik: Medikation und Dosierung bei Aufnahme wurden an Hand von Archivunterlagen aller Patienten mit Leberzirrhose im Zeitraum 2005–2008 analysiert und in Bezug auf Leitlinien- basierte Empfehlungen untersucht. Insgesamt wurden die Daten von 293 Patienten ausgewertet. Bei Mehrfachaufnahmen wurde jeweils die erste stationäre Aufnahme in unserer Abteilung analysiert.

Ergebnisse: 61,8% aller Patienten waren männlich (mean age 61,65yrs.), 38,2% weiblich (mean age 62,84yrs.). Der Schweregrad der Zirrhose war: 43% Child-Stadium A, 33,4% B und 23,5% C. Die häufigste Zirrhose-Ursache war chronischer Alkoholabusus (62,5%). Die häufigsten diagnostizierten Komplikationen waren Aszites (60,4%), portale Hypertension (44,4%) und hepatische Enzephalopathie (HE, 14,7%). Nur 6,5% aller Patienten mit Aszites erhielten eine Monotherapie mit einem Aldosteron-Antagonisten, während die Mehrzahl (>75%) eine diuretische Kombinationstherapie aus 2 oder mehr Diuretika oder gar keine Medikation erhielten. Nur 15% aller Patienten mit portaler Hypertension (Rezidivblutungsprophylaxe oder Primärprophylaxe bei blutungsgefährdeten Varizen) erhielten eine korrekt dosierte Medikation mit einem unselektiven Betablocker. Von 53 Patienten mit HE wurde bei 24,5% keine spezifische Behandlung durchgeführt. Interessanterweise wurde jedoch bei 19,8% der Studienpopulation Protonenpumpenhemmer (PPI) ohne Indikation verabreicht. Eine Osteoporose-Therapie angesichts der sehr häufigen hepatischen Osteopathie bei Zirrhose erhielten nur 4,7% aller Patienten.

Zusammenfassung: Die medikamentöse Behandlung relevanter mit einer Zirrhose-assoziierter Komplikationen scheint im klinischen Alltag häufig nicht Evidenz-basierten Empfehlungen zu entsprechen. Eine PPI-Medikation wird bei Patienten mit Zirrhose offensichtlich auch ohne Indikation häufig eingesetzt.