Fragestellung:
Eine Heilung von Frauen, die an einem Morbus Hodgkin oder einem Non-Hodgkin-Lymphom
erkranken, wird aufgrund aggressiver Therapieschemata häufig nur auf Kosten einer
Beeinträchtigung oder sogar eines Verlustes der Ovarialfunktion und damit der Fruchtbarkeit
erreicht. Durch die Fortschritte der Reproduktionsmedizin können den betroffenen Patientinnen
Strategien des Fertilitätserhaltes angeboten werden, die eine Chance auf eine spätere
Elternschaft eröffnen.
Für die Integration der fertilitätsprotektiven Techniken in das onkologische Therapieregime
ist die Implementierung der fertilitätsprotektiven Maßnahmen in die klinische Routine
ohne Beeinträchtigung der onkologischen Therapie von oberster Priorität.
Methoden:
Wir analysierten retrospektiv aus dem Zeitraum von November 2006 bis Januar 2010 die
Beratungs- und Behandlungsdaten von Patientinnen unter 40 Jahren mit neu diagnostiziertem
Morbus Hodgkin oder Non-Hodgkin-Lymphomen und kurativem Therapieansatz.
Ergebnisse:
Von 111 Lymphom-Patientinnen, die in oben genanntem Zeitraum in der Hämatoonkologie
der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen behandelt wurden, waren 30 Patientinnen
jünger als 40 Jahre und kamen für die fertilitätsprotektive Beratung in Frage. 19
Patientinnen wünschten die Beratung, 8 weitere Patientinnen wurden von Kliniken außerhalb
zugewiesen. Der häufigste Grund für die Ablehnung einer Beratung war die abgeschlossenen
Familienplanung.
96% der beratenen Patientinnen entschieden sich für mindestens eine fertilitätsprotektive
Technik, bei 39% erfolgte eine invasive Maßnahme (laparoskopische Entnahme von Ovargewebe
und/oder hormonelle Stimulation zur Gewinnung von Oozyten). Die durch die fertilitätsprotektiven
Maßnahmen entstehende Therapieverzögerung blieb in der für die jeweilige Maßnahme
erwarteten Zeitspanne, es kam nicht zu unerwarteten Therapieverschiebungen. Unter
den durchgeführten Maßnahmen kam es nicht zum Auftreten von Komplikationen.
Schlussfolgerung:
Bei jungen Lymphom-Patientinnen besteht ein großer Wunsch nach der Durchführung von
fertilitätsprotektiven Maßnahmen vor Beginn der zytotoxischen Therapie. Die Integration
dieser Maßnahmen führt bei guter Kooperation der onkologischen und der reproduktionsmedizinischen
Abteilungen nicht zu unerwarteten Verschiebungen des onkologischen Therapiebeginns.