Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(46): 2382
DOI: 10.1055/s-0031-1292058
Korrespondenz | Correspondence
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gicht – die „vergessene“ Erkrankung trotz vieler therapeutischer Optionen

Gout – regardless of therapeutic options a „forgotten“ diseaseW. Junker
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Publikationsdatum:
08. November 2011 (online)

Zum Beitrag aus der DMW Nr. 33 (Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 1660 – 1664)

Seit ca. 30 Jahren beobachte ich sehr unterschiedliche Auffassungen von den niedergelassenen Kollegen bzgl. der Hyperurikämie, die von der Mehrzahl der Kollegen als nicht therapiewürdig angesehen wird. Auch chronische Schmerzsyndrome der Schulter und der Wirbelsäule werden nicht im Zusammenhang mit einer nachgewiesenen Hyperurikämie gesehen. Als Orthopäde bin ich hier anderer Auffassung. Insbesondere der Hinweis auf den Zusammenhang der Löslichkeit in Abhängigkeit von der Temperatur zeigt, dass die gefährdeten Bereiche (Schweißrinnen, exponierte Gelenke) doch verstärkt von einer Abkühlung betroffen sind, sodass die optimale Löslichkeit bei 37˚ nicht mehr gewährleistet ist. Berücksichtigt man das Titrierverhalten der Harnsäure bei gleichlautendem pH-Wert und bei unterschiedlichen Temperaturen, zeigt sich, dass bereits Werte zwischen 3 und 4 mg/dl (180 – 240 mmol/l) zu Ausfällungsreaktionen an der Schulter führen können. Daher habe ich chronischen Schmerzpatienten bei nachgewiesener Hyperurikämie stets einen Behandlungsversuch mit Allopurinol 300 1×1 über mindestens 6 Monate empfohlen. Begleitend dazu in der Anfangsphase ein NSAR mit Magenschutz, ggf. auch Schmerzbehandlung mit Colchicum.

Als nächste Therapie habe ich bei sämtlichen Patienten, die jetzt zu mir in die Rehabilitation nach Implantation von Schulter-, Hüft-, oder Knie-TEP’s gelangen und eine Hyperurikämie aufweisen zum Schutz der Implantate, d. h. Vermeidung von Auslockerung und zur Erhöhung der Standzeiten, die Therapie mit Allopurinol 300 1×1 begonnen.

Auch hier hat sich gezeigt, dass nach beschwerdefreien Intervallen von 1 – 2 Jahren die Hausärzte die Medikation zum großen Teil wieder zurückgenommen haben und nach weiteren 4 – 5 Jahren der Patient mit den nächsten TEP zur Rehabilitation erschienen ist.

Zusammenfassend möchte ich Ihrer Veröffentlichung [1] voll zustimmen. Leider wird auch die von mir gemachte Erfahrung geschildert, dass die chronische Gicht als Krankheit vollständig unterbewertet wird. Hier könnte mit einfachen Mitteln langfristig eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung erzielt werden.

Eine Verhaltensänderung im Hinblick auf die Ernährung habe ich nicht beobachten können. Hier sind die Gewohnheiten doch aufgrund der jahrzehntelangen Anwendung festgefahren und können auch durch eine Ernährungsberatung nicht verändert werden. Daher bleibt meines Erachtens nur die medikamentöse Therapie auf Dauer, um die weitere Gefährdung zu minimieren.

Zum Abschluss nochmals vielen Dank für den Artikel.

Literatur

  • 1 Müller-Ladner U, Panzer I, Kriegsmann J. et al . Gicht – die „vergessene“ Erkrankung trotz vieler therapeutischer Optionen.  Dtsch Med Wochenschr. 2011;  136 1660-1664

Dr. med. W. JunkerFacharzt für Orthopädie 

MediClin am Rennsteig

Zimmerbergstraße 34

99891 Tabarz

Telefon: 036259/64-211

eMail: Werner.junker@mediclin.de

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