Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - FV03_03
DOI: 10.1055/s-0031-1293224

Myokardinfarkt in der Schwangerschaft – eine interdisziplinäre Herausforderung

A Merinsky 1, J Zelazny 1, D Macchiella 1, A Puhl 1, H Schinzel 2, H Kölbl 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
  • 2Medizinische Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz, Mainz

Ziel: Myokardinfarkte in der Schwangerschaft sind mit ca. 6 Ereignissen pro 100000 Entbindungen seltene Komplikationen aus dem thromboembolischen Formenkreis. Die Hyperkoagulabilität in der Schwangerschaft sowie hohe Hormonwerte erhöhen das Risiko für Myokardinfarkte um das 3–4 fache [1].

Methodik: Wir berichten über eine 32 jährige Patientin, die sich in der 30. SSW in einem peripheren Krankenhaus mit plötzlich einsetzenden thorakalen Schmerzen und Dyspnoe vorstellte. Im Rahmen der weiteren Diagnostik zeigten sich Veränderungen im Sinne eines STEMI der Hinterwand und die Patientin wurde zur weiteren Therapie in ein Klinikum der Maximalversorgung verlegt. Die zeitnah durchgeführte Herzkatheteruntersuchung zeigte einen Thrombus im Bereich des RIVP/RPLD2 (Ramus interventricularis posterior/ Ramus posteriolateralis dexter), der aspiriert und dadurch entfernt werden konnte. Die Patientin konnte 2 Wochen nach dem Akutereignis entlassen werden. Nach ausführlicher Literaturrecherche und interdisziplinärer Vorstellung wurde bei guter kardialer Ejektionsfraktion der Versuch einer spontanen Geburt der Patientin empfohlen. Die Patientin wünschte dennoch die Entbindung per Sectio und diese wurde in der 37+4 SSW komplikationslos durchgeführt. Am 2. postoperativen Tag wurde die Antikoagulation auf niedermolekulares Heparin, Clopidogrel 75mg und ASS 100 umgestellt. Nach weiteren 7 Tagen konnte die Heparinisierung beendet werden. Die Patientin wurde zusammen mit ihrer gesunden Tochter am 7. postoperativen Tag entlassen.

Schlussfolgerung: Die Betreuung von Schwangeren mit thrombembolischen Ereignissen, insbesondere mit Myokardinfarkten stellt eine große Herausforderung dar. Als Goldstandard der Diagnostik der Ischämie gilt auch bei Schwangeren die Herzkatheteruntersuchung. Die Frage des Entbindungsmodus stellt sicher mit den komplexesten Teil der Betreuung der Schwangeren dar und sollte immer, vor allem unter Berücksichtigung der Echokardiographie, individuell beantwortet werden.

Literatur: James AH, Jamison MG, Biswas MS, Brancazio LR, Swamy GK, Myers ER (2006) Acute myocardial infarction in pregnancy: a United States population-based study. Circulation 113 (12):1564-1571. doi:CIRCULATIONAHA.105.576751 [pii] 10.1161/CIRCULATIONAHA.105.576751