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DOI: 10.1055/s-0031-1295391
Schwangerschaft nach Lymphadenektomie, neoadjuvanter Chemotherapie und radikaler Trachelektomie bei einer Patientin mit FIGO IB1 Zervixkarzinom
Berichtet wird über eine 27-jährige Patientin (0 Gravida) (12/2005), die sich mit einem mit einem 4cm messenden Tumor der Zervix vorstellte. Die extern erfolgte Biopsie ergab ein niedrig differenziertes adenosquamöses Zervixkarzinom. Die folgende Diagnostik (bimanuelle Untersuchung, Kolposkopie, MRT Abdomen/Becken) ergab einen Tumor von 3,6cm Durchmesser, was einem FIGO Stadium IB1 entsprach. Ein Anhalt für parametrane oder vaginale Infiltration ergab sich nicht.
Entsprechend der aktuellen Leitlinie wird bei den Stadien FIGO IA2, IB, IIA,IIB* das operative Staging empfohlen, d.h. eine Staging-Laparotomie/-Laparoskopie sowie die Lymphonodektomie pelvin und paraaortal (ab Stadium IB1 größer 2cm bzw. mit Risikofaktoren). Alternativ kann die radikale Hysterektomie mit ausreichendem Sicherheitsabstand und Resektion im Gesunden (Piver II oder Piver III) oder die radikale Trachelektomie mit pelviner Lymphonodektomie bei Kinderwunsch (Platten-/Adenokarzinom, L0/1, V0, Tumor<2cm) Anwendung finden. Die Patientin mit imperativem Kinderwunsch und bestand auf einem fertilitätserhaltenden Procedere. Nach ausführlicher Aufklärung erfolgte die laparoskopische pelvine und paraaortale LNE, gefolgt von einer experimentellen neoadjuvanten Chemotherapie. Nach der Verlaufskontrolle wurde die radikale Trachelektomie durchgeführt. Bei der laparoskopische pelvine und paraaortale LNE (01/2006) konnten 19 Lymphknoten werden entfernt (10 paraaortale Lymphknoten sowie 9 pelvine Lymphknoten) werden. Die Tumorformel wurde mit FIGO IB1 G3 L0 V0 pN0 (0/19) festgelegt. Als experimentelle neoadjuvante Chemotherapie wurde Paclitaxel 175mg/m2, Cisplatin 75mg/m2 und Goserelin (Zoladex) zur passageren Supression der Geschlechtshormone eingesetzt. Der 2. Zyklus erfolgte nach drei Wochen, wobei eine Cisplatinreduktion auf 50mg/m2 aufgrund steigender Kreatininwerte erfolgen musste. Das Kontroll-MRT nach drei Wochen zeigte eine Tumorreduktion auf 8mm, so dass die radikale Trachelektomie (04/2006) erfolgen konnte, die histologisch eine Tumorgröße 2mm mit CIN III-Komponente belegte. Der postoperative Verlauf war unauffällig. 6 Wochen postoperativ kam es erneut zur Menstruation. Eine zytologische und kolposkopische Kontrolle erfolgte alle 3 Monate. Im Januar 2009 trat eine erneute Schwangerschaft ein. Es gab weder vorzeitigen Wehen, noch eine vorzeitige Zervixreifung oder vaginale Blutungen. Im 2. Trimester war die Zervix 25mm lang. Verkompliziert wurde die Schwangerschaft durch einen insulinpflichtigen Gestationsdiabetes, so dass die primäre Sectio caesarea in der 38. SSW durchgeführt wurde (Junge, 3500g, 52cm Länge APGAR 5/8/10, 24h Überwachung aufgrund Anpassungsstörung). Das Kind zeigte bisher eine unauffällige Entwicklung. Ebenso war das 5-Jahres Follow-up der Mutter unauffällig.
Zusammenfassung: 25% der erkrankten Patientinnen <40 LJ. Eine Zunahme der Nulliparae ist zu beobachten. Die Diagnosestellung erfolgt in frühen Tumorstadien. Die radikale Hysterektomie und Radiochemotherapie führen zu einer hohen rezidivfreien Überlebensrate. Parallel nimmt der Wunsch nach fertilitätserhaltender Therapie zu. Bei Zervixkarzinomen <2cm ist die vaginale radikale Trachelektomie (VRT) bzw. die abdominale radikale trachelektomie (ART) mit Lymphadenektomie (LNE) mittlerweile etabliert. Das 5-Jahre-rezidivfreies Überleben beträgt 97%, das Gesamtüberleben 95%. Die geburtshilfliche Ergebnisse (N=618) Patientinnen mit VRT (Literatur) zeigen: a) 23% Frühaborte/EUG/indizierte Aborte; b) 10% Spätaborte; c) 62% vollendete Schwangerschaften; d) bei Zervixkarzinomen >2cm erfolgt ein Downstaging durch neoadjuvante Chemotherapie im experimentellen Stadium mit dem Ziel der Fertilitätserhaltung; d) ausführliche Patientinnenaufklärung (Ansprechen der Chemotherapie, Rezidivrisiko, Erhalt der Ovarialfunktion)
Literaturempfehlung
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