Pneumologie 2011; 65 - A5
DOI: 10.1055/s-0031-1296096

Regulation und potentielle Bedeutung lipidomischer Surfactantveränderungen bei Mensch und Versuchstier

W Bernhard 1, C Gille 1, E Schleicher 2, G Stichtenoth 3, J Perez-Gil 4, M Griese 5, CJ Pynn 1, CF Poets 1
  • 1Abt. Neonatologie
  • 2Innere Medizin IV, Med. Fakultät, Univ. Tübingen
  • 3Universitätskinderklinik, Lübeck
  • 4Dept. Bioquimica y Biologia Molecular, Fac. Biologia, Universidad Complutense, Madrid
  • 5Von Haunersches Kinderspital, Univ. München

Einleitung: Die drei Hauptphosphatidylcholine (PC) des Säuger-Surfactants sind Dipalmitoyl-, Palmitoyl-myristoyl- und Palmitoyl-palmitoleoyl-PC (PC16:0/16:0, PC16:0/14:0 & PC16:0/16:1). Sie bestimmen zusammen mit Surfactantproteinen (SP) die Eigenschaften von Surfactant. Wir adressierten die Regulation & funktionelle Bedeutung von PC16:0/14:0, da es nur im Säuger-Surfactant angereichert wird.

Methoden: In vivo-Stimulation [Palifermin® (rhKGF), Betamethason (BM)], Fütterung mit definierten Triglyceriden (Trilaurin [C12:03], Trimyristin[C14:03], Tripalmitin [C16:03] etc), Rattenmilch und Standardfutter. Stabile Isotopenmarkierung mit [D9-Methyl]cholin und [ω-D3]-Fettsäuren. Quantitative Lipidanalytik von Lunge, Plasma und Leber mittels HPLC, GC, LC-MS/MS & GC-MS. FACS-Analyse von Differenzierungsmarkern und reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) bei (Alveolar-)Makrophagen (MΦ). SP-B-Bestimmung mittels Western-blot.

Ergebnisse: Das PC-Profil des Surfactants wird via Lipoproteine insbesondere durch die exogene Zufuhr von C14:0, aber auch von (C12:0 und Linolsäure, gesteuert. Die SP-B-Homöostase wird dem entgegen hormonell/parakrin reguliert. C14:0 wird spezifisch in das PC von Surfactant, nicht aber von Leber und Plasma, eingebaut und führt zur Anreicherung von PC16:0/14:0. Bei 2% C14:03-Zufuhr entsteht ein PC16:0/14:0-reicher – PC16:0/16:0-armer („invertierter“) Surfactant. C12:0 wird nur nach Elongation zu C14:0 im Surfactant angereichert. Auf Wachstum, Atemruhefrequenz und Surfactantfunktion in vitro hat die „Surfactantinversion“ keinen Einfluss. Jedoch veränderte PC16:0/14:0 bei MΦ in vitro die HLA-DR- und CD80-Expression und Alveolar-MΦ von Ratten mit PC16:0/14:0-reichem Surfactant bildeten weniger ROS.

Diskussion: Die normale Funktion des invertierten Surfactants falsifiziert das Paradigma, PC16:0/16:0 sei obligate Hauptkomponente von Surfactant. Die Spezifität der Anreicherung von C14:0 im Surfactant deuten auf einen biologischen Sinn hin. Dieser könnte in Effekten von PC16:0/14:0 auf die MΦ-Differenzierung und in der Alveolenprotektion durch erniedrigte ROS-Bildung liegen. Dies wird unterstützt durch die physiologische PC16:0/14:0-Anreicherung während der Alveolarisierung und die Abwesenheit von PC16:0/14:0 im Surfactant nicht-alveolärer Lungen ohne superfizielle MΦ (Vögel). PC16:0/14:0 könnte für das Design synthetischer Surfactants wichtig sein.