ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2011; 120(12): 654-655
DOI: 10.1055/s-0031-1300986
Colloquium
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Retinierte Eckzähne – Exakte Lageermittlung als Basis für eine minimal-invasive kieferorthopädische Freilegung

Authors

  • Fred Bergmann

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Publikationsdatum:
28. Dezember 2011 (online)

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Eine der häufigsten Zahnretentionen ist die palatinale oder vestibuläre Verlagerung oberer bleibender Eckzähne. Nicht immer kommt es in solchen Fällen zu einem spontanen Durchbruch, wenn die Milcheckzähne entfernt werden. So auch nicht bei dem jugendlichen Patienten, der von seinem Hauszahnarzt zur kieferorthopädischen Freilegung der Zähne 13 und 23 in die Praxis des Fachzahnarztes für Oralchirurgie Prof. Fred Bergmann in Viernheim überwiesen wurde. Um den notwendigen Eingriff so schonend wie möglich zu gestalten, wurde die Lage der Eckzähne mithilfe einer digitalen Volumentomografie (DVT) exakt ermittelt.

Die DVT eröffnet völlig neue Perspektiven in der zahnmedizinischen Diagnostik. Seit ihrer Einführung in die Zahnmedizin vor gut 10 Jahren haben sich Röntgengeräte und Software rasant weiterentwickelt. Heute sind selbst hochauflösende Hightech-Systeme einfach zu bedienen und können mit entsprechender Fachkunde auch in niedergelassenen Praxen erfolgreich betrieben werden. Dabei ist die Strahlenbelastung einer DVT wesentlich geringer als bei einer herkömmlichen CT.

Die Indikationen für ein DVT sind vielfältig: Unter anderem können sowohl pathologische Veränderungen im dento-alveolären Bereich als auch die Position von verlagerten Zähnen besser eingeschätzt werden. Selbst kleinste Unregelmäßigkeiten im Zahn- und Kieferbereich lassen sich durch die 3-dimensionale Darstellung aufdecken und präzise lokalisieren. Auf diese Weise können chirurgische Eingriffe vorab bis ins kleinste Detail geplant und somit die OP-Belastung auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Nicht zuletzt bedeutet ein genauer Befund ein hohes Maß an Sicherheit für den Behandler.

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Abb. 1 Im kieferorthopädisch bereits vorbehandelten Oberkiefer wird der Platz für die Eckzähne ausgeformt.
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Abb. 2 Bereits im Gesamtvolumen zeigt sich die Lokalisation der verlagerten Eckzähne und Weisheitszähne.
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Abb. 3 In der Frontalansicht wird die palatinale Verlagerung deutlich.
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Abb. 4 In der Axialansicht wird die Lage der vestibulären Zahnfläche ermittelt.
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Abb. 5 Da die Zähne noch von Knochen überdeckt sind, müssen die Kronen mit einer lokal begrenzten Osteotomie freigelegt werden.
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Abb. 6 Die mithilfe eines CO2-Lasers freigelegte Fläche des Zahns 23.
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Abb. 7 Der durch den Laser bedingte blutungsfreie OP-Situs erleichtert die adhäsive Befestigung des Brackets.
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Abb. 8 Zustand nach adhäsiver Befestigung der Brackets und Retentionen.
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Abb. 9 Postoperative Kontrolle.

Die DVT-Diagnostik überzeugt vor allem mit einer präzisen 3-dimensionalen Bildgebung und einer überlagerungsfreien Darstellung von Hartgewebe. Im Gegensatz zum klassischen Röntgenbild, bei dem nur ein einziges Bild aufgenommen wird, werden für ein DVT in wenigen Sekunden 200 Aufnahmen gemacht. Aus den so gewonnenen Daten errechnet die Diagnose-Software ein 3-dimensionales Bild, das sich wie ein 3-D-Modell in jede Richtung drehen und von allen Seiten betrachten lässt. Es ist sogar möglich, in den Knochen hineinzusehen und am Computer einen virtuellen "Rundgang" durch den Kiefer zu unternehmen.

Im vorliegenden Behandlungsfall war die 3-dimensionale Aufnahme zum einen die Grundlage für die exakte Lokalisation der vestibulären Fläche der verlagerten Eckzähne, um dort Brackets adhäsiv zu befestigen. Andererseits ging es darum, diesen Eingriff für den Patienten möglichst schonend zu planen und durchzuführen.