Dtsch Med Wochenschr 2012; 137(23): 1268
DOI: 10.1055/s-0032-1304990
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AMNOG: Bedeutung für die Identifizierung von Zielparametern zum Nachweis klinischer Wirksamkeit innovativer Arzneimittel

F. P. Meyer
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Publication Date:
29 May 2012 (online)

Zum Beitrag aus der DMW Nr. 6/2012

Unter Bezug auf das AMNOG und die damit im Zusammenhang stehenden Bewertungsverfahren durch das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) und den G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) formuliert Dr. Götte in seinem Beitrag „ … steht zu befürchten, dass künftig deutsche Patienten entweder später oder gar nicht mehr in den Genuss neuer Arzneimittel kommen werden“ [1]. Mit zwei aktuellen Beispielen versucht er, diese „traurige“ Zukunftsvision für Deutschland zu belegen.

Zum einen weist er darauf hin, dass die Firma Novartis den Vertrieb des Antihypertonikums Rasilamlo®, einer fixen Kombination von Aliskiren und Amlodipin, in Deutschland aussetzt. Wenn man sich die Datenlage vergegenwärtigt, hat der G-BA die berechtigten Interessen deutscher Patienten im Blickfeld gehabt. Aliskiren (Rasilez®) wurde am 22. August 2007 von der EMA (European Medicine Agency) zur Behandlung der essenziellen Hypertonie zugelassen. Bis heute hat es Novartis nicht geschafft zu belegen, dass Aliskiren überhaupt einen klinisch relevanten Nutzen für Hypertoniker hat, d. h. dass deren Prognose verbessert wird. Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Aliskiren liegen bislang im Gegensatz etwa zu Amlodipin nicht vor. Von einem durch das AMNOG geforderten Zusatznutzen von Rasilamlo® im Vergleich zu Rasilez® und/oder Amlodipin kann also überhaupt nicht die Rede sein. Es ist nicht zu viel erwartet, wenn der G-BA sog. Endpunktstudien fordert.

Zum anderen weist der Autor darauf hin, dass Boeringer Ingelheim und Eli Lilly das orale Antidiabetikum Linagliptin (Trajenta®) in Deutschland bis auf weiteres nicht zur Verfügung stellen werden. Auch für Linagliptin gibt es keine langfristigen Endpunktstudien, in denen ein Nutzen für die Patienten nachgewiesen worden wäre, geschweige denn ein Zusatznutzen gegenüber den anderen bereits im Handel befindlichen und in Deutschland vertriebenen DPP (Dipeptidyl-Peptidase)-4-Inhibitoren Saxagliptin (Onglyza®), Sitagliptin (JANUVIA®, Xelevia®) und Vildagliptin (Galvus®), für die übrigens bislang auch noch keine klinisch relevanten Daten vorliegen.

Fazit: Trotz aller „Unkenrufe“ ist den deutschen Patienten also bisher nichts vorenthalten worden. Vielleicht wurde sogar Schaden von ihnen ferngehalten. Es bleibt zu hoffen, dass das IQWiG und der G-BA gegenüber der Macht der Pharma-Lobby standhalten. Es kann nicht Aufgabe dieser beiden Gremien sein, auf das „gesamte Europäische Preisgefüge“ (Götte) zu achten und Maximalprofite für die Industrie sicher zu helfen.

Interessenkonflikte: keine

 
  • Literatur

  • 1 Götte D. Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz: Bedeutung für die Identifizierung von Zielparametern zum Nachweis klinischer Wirksamkeit innovativer Arzneimittel. Dtsch Med Wochenschr 2012; 137: 274-280