Psychiatr Prax 2012; 39(02): 99
DOI: 10.1055/s-0032-1305973
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychosomatische Medizin – Theoretische Modelle und klinische Praxis

Contributor(s):
Susanne Bachthaler
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Publication Date:
09 March 2012 (online)

 
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Ende 2010 ist das Standardwerk der psychosomatischen Medizin zum siebten Mal neu aufgelegt worden. Im Gegensatz zur sechsten Auflage besticht der "neue Uexküll" mit einer weitaus übersichtlicheren Darstellung. Dies scheint vor allem der jetzt zweifarbigen Gestaltung geschuldet, durch die z. B. Patientengeschichten oder die Essenz eines Abschnittes eindeutig hervorgehoben werden. Die Veränderungen liegen jedoch nicht nur in der äußeren Präsentation, sondern ebenfalls in den Inhalten. 75 der 108 Kapitel wurden vollständig neu geschrieben oder erscheinen erstmals (z. B. Gender Medizin, Epigenetik), aber auch übernommene Kapitel wurden überarbeitet. Außerdem wurden die Teilbereiche, unter denen die einzelnen Kapitel stehen, umbenannt und in sinnvoller Weise komplett neu angeordnet.

Gemäß dem bio-psycho-sozialen Modell folgen dem ersten Teil mit den theoretischen Grundlagen drei Teile mit den biologischen, den psychologischen und zuletzt den sozialen Grundlagen von Anpassung und Entwicklung. Daran schließen sich der Diagnostik- und der Therapieteil (Erklärung der verschiedenen Therapiearten und -angebote) an. Danach folgen ein ausführlicher Klinikteil mit Darstellung (Symptomatik, Diagnostik und Therapievorschlag) der verschiedenen Krankheitsbilder und zuletzt noch ein Teil über Aus-, Fort- undWeiterbildung.

Sehr gut gelungen ist wieder die Mischung aus aktueller Information und Neuigkeiten aus wissenschaftlichen Studien, der Verknüpfung mit der aktuellen ICD bzw. DSM und der Auflockerung durch Fallvignetten. Der Lesestoff fesselt stellenweise so, dass es schwerfällt, mit dem Lesen aufzuhören.

Ein großes Plus für PC-Fans ist die Online-Funktion, die durch eine PIN-Nummer im Buch gestartet werden kann. Hierdurch ist das gesamte Lehrbuch als Online-Version zugänglich. Außerdem können hier Literaturhinweise eingesehen werden, auf die im Buch aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden konnte, sodass bei Interesse bequem und ohne großen Aufwand eine Vertiefung der einzelnen Kapitel möglich ist.

Insgesamt steckt das vorliegende Buch voller Anregungen zum Nachdenken und es macht Spaß, zu entdecken, was es Neues im Bereich der Psychosomatik gibt. Teilweise geht die Fülle des Stoffes jedoch auf Kosten der Systematik. So ersetzt dieses psychosomatische Standardwerk kein Lehrbuch. Manchmal erscheinen Informationen in einem Kapitel, in dem man sie nicht unbedingt vermutet hätte und nicht dort, wo man sie sucht. So taucht der Zwei-Fragen-Test als Depressionsscreening überraschenderweise im Kapitel KHK und nicht bei der Abhandlung der Depression auf. Dies ist jedoch verzeihlich, da es dafür praktisch nie zu Sequenzen kommt, die doppelt erwähnt werden, was für eine hervorragende Abstimmung zwischen den vielen Autoren spricht. Es ist klar, dass auch ein solches Buch den Anspruch auf Vollständigkeit nicht erfüllen kann. Je nach Neigung und Bildungsstand des Lesers, wird er von manchen Kapiteln enttäuscht sein und mehr erwarten, dafür in anderen begeistert die neuen Informationen aufsaugen. In diesem Sinne ist die "Psychosomatische Medizin" von Uexküll ihrem Image als Standardwerk treu geblieben und ein optimales Ergänzungswerk für Lehrbücher zur Vertiefung von Wissen für die klinische Praxis oder in der Vorbereitungsphase zu Prüfungen. Fazit: Ein "Muss" für den Bücherschrank psychosomatisch Interessierter.

Susanne Bachthaler, Ravensburg
E-Mail: susanne.bachthaler@zfpzentrum.de