Klinische Neurophysiologie 2012; 43(02): 151-157
DOI: 10.1055/s-0032-1309054
Originalia
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Funktionelle Magnetresonanztomografie und Traktografie in der Epilepsiediagnostik: Aktuelle Entwicklungen und ihre klinische Relevanz

Functional MRI and Tractography in the Diagnosis of Patients with Epilepsy: Recent Advances and Clinical Relevance
S. B. Bonelli
1   Universitätsklinik für Neurologie, Wien, Österreich
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Mai 2012 (online)

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Zusammenfassung

Epilepsiechirurgie ist eine effektive und sichere Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit medikamentös therapierefraktären Anfällen. Bei 60–70% dieser Epilepsiepatienten kann durch einen neurochirurgischen Eingriff Anfallsfreiheit erreicht werden. Ziel eines solchen epilepsiechirurgischen Eingriffes ist es, die epileptogene Zone zu entfernen, ohne postoperative, insbesondere neuropsychologische Defizite, wie zum Beispiel Sprach- oder Gedächtnisstörungen, zu verursachen.

Dementsprechend ist es notwendig, im Rahmen eines sorgfältigen, präoperativen Monitorings sowohl die Areale des Gehirns, von welchen die Anfälle ausgehen („epileptogene Zone“), als auch die Areale, die für motorische, Sprach- und Gedächtnisfunktionen verantwortlich sind („essentielle Hirnareale“) samt den verbindenden Faserstrukturen, sorgfältig zu lokalisieren. Große Fortschritte im Bereich der bildgebenden Verfahren haben die Epilepsiechirurgie in den letzten Jahren revolutioniert. Die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) wird zusehends zur Lokalisation des primären motorischen und somatosensorischen Kortex sowie zur Lateralisation von Sprachfunktionen eingesetzt. Rezente Studien sind vielversprechend, dass die fMRT dazu beitragen kann, das individuelle Risiko für postoperative Sprach- und Gedächtnisdefizite näher bestimmen zu können. Mittels Traktografie können die Bahnen der weißen Substanz visuell dargestellt werden, wobei für die Epilepsiechirurgie derzeit vor allem die Darstellung der Pyramidenbahn und der Sehstrahlung klinisch relevant ist. Beide Methoden können zusammen mit anderen strukturellen und funktionellen bildgebenden Verfahren entscheidend zu einer weiteren Verbesserung des postoperativen Outcomes nach epilepsiechirurgischen Eingriffen beitragen, indem die epileptogene Zone, die entfernt werden muss, und der eloquente Cortex, der erhalten bleiben soll, besser definiert werden können.

Abstract

Epilepsy surgery offers an effective and safe treatment option for patients with medically refractory seizures rendering 60–70% of them seizure free. The goals of epilepsy surgery are to remove the brain areas generating the seizures without causing neuropsychological deficits such as language or memory dysfunction. This requires accurate localisation of the brain areas generating the seizures (‘epileptogenic zone’), as well as areas responsible for motor and cognitive functions, such as language and memory (‘essential brain regions’) and their connecting fibers during presurgical evaluation. Functional magnetic resonance imaging (fMRI) is a useful tool to lateralise language and localise primary motor, somatosensory and language areas; it also shows promise for predicting the effects of temporal lobe resection on memory function. Tractography can be used to visualise cerebral white matter tracts, which further helps predicting and reducing the risk of surgery. Both methods can be integrated with other MR imaging modalities to improve surgical strategies tailored to individual patients with regard to functional outcome, by virtue of the definition of epileptic cerebral areas that need to be resected and eloquent areas that need to be spared.