Pneumologie 2012; 66(09): 547-548
DOI: 10.1055/s-0032-1310087
Nachruf
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

In memoriam Prof. Dr. med. habil. Heinrich Friedel

* 2. 5.1920 † 21.6. 2012
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Publication Date:
05 September 2012 (online)

Im Namen der ehemaligen Mitarbeiter der Lungenklinik Lostau

Wenige Wochen nach seinem 92. Geburtstag verstarb unser hochverehrter Lehrer Professor Heinrich Friedel.

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Prof. Dr. med. habil. Heinrich Friedel

Er war der Nestor der Bronchologie der DDR und stand sowohl bei den Ärzten beider deutscher Staaten als auch international für seine bahnbrechenden apparativen und methodischen Entwicklungen der Endoskopie der Atemwege in hohem Ansehen. Mit seinem Wirken führte Heinrich Friedel die an der Endoskopie der Atemwege interessierten medizinischen Fachrichtungen zusammen und bewirkte damit insbesondere eine Bündelung der Aktivitäten von Pneumologen, HNO-Ärzten, Kinderärzten und Anästhesisten zum Nutzen unserer Patienten.

Diese Leistungen wurden durch zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen für ihn und seine Klinik gewürdigt. Sie sind anlässlich seines 90. Geburtstages, in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und in der Zeitschrift „Pneumologie“ 2010 ausführlich dargestellt worden.

Durch seinen berufspolitischen Weitblick führte er in seinem Wirkungsbereich, dem damaligen DDR-Bezirk Magdeburg, die Lungenheilkunde aus ihrer der klassischen Phthisiologie und der ländlichen Lage der Heilstätten geschuldeten Isolation heraus, mit dem Ziel, sie wieder in die Innere Medizin einzubringen. Dies gelang ihm auch früher, als es generell in der DDR verwirklicht wurde. Diese Aktivitäten machten die Lungenheilkunde attraktiver und sicherten der Lungenklinik Lostau das große Interesse von ärztlichem Nachwuchs. Später führte das akademische Engagement von Professor Friedel dazu, dass an der Medizinischen Akademie Magdeburg bereits 1977 ein Lehrstuhl für Innere Medizin/Pneumologie eingerichtet wurde, mit dessen Führung man Professor Friedel in Personalunion mit dem Direktorat der Lungenklinik betraute.

Heinrich Friedel war ein begeisternder klinischer Lehrer, der die kollektive Beratung schätzte, die Fähigkeiten seiner Assistenten förderte und mit großem Organisationstalent und Durchsetzungsvermögen, trotz mancher materieller Beschränkungen der DDR-Wirtschaft, aus der Lungenheilstätte „Waldkrankenhaus Lostau“ ein leistungsfähiges und auch international geachtetes pneumologisches Zentrum formte.

Von seinen Mitarbeitern forderte er viel, geizte dann aber auch nicht mit Lob und Anerkennung. Er interessierte sich stets für deren wissenschaftliches Fortkommen und hatte immer für jeden eine entsprechende Aufgabe parat, mit der sich der Einzelne „bewähren“ konnte. Auch für zahlreiche externe Promovenden stellte er pneumologische Dissertationsthemen zur Verfügung.

Trotz allem beruflichen Engagement vergaß er nicht die sozialen Bedürfnisse seiner Mitarbeiter. Er sorgte durch Findigkeit für den Bau von Kindereinrichtungen, Arztpraxen, einem Erdgas-Heizkraftwerk und vor allem modernem Wohnraum für die Angestellten seiner Klinik in Lostau.

Auch für Erholung der Mitarbeiter trug er Sorge, indem er zusätzlich zum spärlichen Ferienplatzkontingent der Einheitsgewerkschaft mit „seiner“ klinikeigenen, starken Handwerkerbrigade eigene, reizvolle Objekte im Harz und Mecklenburg schuf, die gern angenommen wurden und außerdem den Zusammenhalt in der Belegschaft förderten.

Überhaupt war Professor Friedel ein kontaktfreudiger Chef, der sich auch für die privaten Lebensumstände seiner Patienten und Mitarbeiter interessierte, an ihren Freuden Anteil nahm und bei Kummer und Leid – wenn er oft auch nicht helfen konnte – zumindest durch wohltuendes Mitgefühl manchen Schmerz linderte.

Seine waidmännische Passion war allgemein bekannt, wobei er oft das Angenehme mit dem Nützlichen verband. Wenn er von einem mehrtägigen Jagdausflug zurückkehrte, waren seine Mitarbeiter stets gespannt, welche neuen Ideen er wohl auf dem Hochsitz nebenbei „ausgebrütet“ hatte.

Wichtig war ihm auch, die Erschöpfung seiner Mitarbeiter infolge Routinearbeit, Stress und gelegentlichem Frust des Alltages wieder abzubauen, indem er zu bestimmten Anlässen für eine kleinere oder größere Geselligkeit Sorge trug oder zumindest den kräftigen Anstoß dazu gab. Wir erinnern uns an schöne Feiern mit der ganzen Belegschaft der Klinik, an Feste im herrlichen Garten der Familie Friedel oder an von ihm selbst bis ins Detail vorbereitete Ausflüge mit „seiner Mannschaft“, deren Ziel manchmal erst bei Antritt der Fahrt bekannt gegeben wurde.

Bei diesen Feierlichkeiten zog er sich gewöhnlich dezent zurück, wenn die Stimmung nahe dem Höhepunkt war.

Professor Friedel war ein Familienmensch, der mit seiner lieben Frau und den vier Kindern ein gastfreundliches Haus führte, in dem wir, seine Weggefährten und ehemaligen Mitarbeiter, gern einkehrten. Er versuchte, diese schöne Atmosphäre bis zuletzt aufrechtzuerhalten, selbst nachdem ihn seine Frau krankheitshalber darin nicht mehr unterstützen konnte.

Von seinen Mitarbeitern wurde Professor Friedel ehrfurchtsvoll „der Alte“ genannt, schon als er noch in der Blüte seiner Jahre stand. Bis zuletzt genoss er es, ab und zu mit ehemaligen Mitarbeitern zusammenzukommen, so auch anlässlich seines letzten Geburtstages, wo wir ihn körperlich schon recht gebrechlich, aber mit wachem Geist antrafen.

Wir erinnern uns heute dankbar der reichen beruflichen und menschlichen Erfahrungen, die wir unter Führung Heinrich Friedels erwerben durften, und werden ihn nie vergessen.

Im Namen der ehemaligen Mitarbeiter der Lungenklinik Lostau sprechen wir seiner Familie unsere tiefe Anteilnahme aus.

D. Wenzel
J.-F. Fischer
M. Paetz