Der Klinikarzt 2012; 41(3): 118
DOI: 10.1055/s-0032-1311508
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Verschiedene Aspekte der Behandlung des Mammakarzinoms

Martina Gropp-Meier
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Publication Date:
26 March 2012 (online)

Im Jahr 2010 betrug der Anteil an Neuerkrankungen an Brustkrebs 29,3 % aller Krebserkrankungen der Frauen. Brustkrebs stellt damit die häufigste Tumorerkrankung der Frau dar. An den krebsbedingten Todesfällen hat das Mammakarzinom jedoch einen Anteil von 17,6 %. So sind in diesem Jahr 17 573 Frauen in Deutschland am Mammakarzinom gestorben. Das lebenslange Risiko der Frau, an einem Mammakarzinom zu sterben liegt bei 3,5 %. Die 5-Jahresüberlebensrate liegt im Schnitt bei 79 % und zeigt im Vergleich zu anderen Tumoren wie z. B. dem Bronchialkarzinom eine deutlich bessere Prognose.

Die Medizin zeigt höchste Anstrengungen in dem Bemühen, die Prognose zu verbessern. Erstes Ziel ist die Prävention. Hier muss zunächst das Risiko der Frau zu erkranken bestimmt werden. Außer der BRCA-1- und -2-Mutation sind weitere Faktoren bekannt, die das Risiko deutlich erhöhen. Inzwischen gibt es statistische Modelle, mit denen jede Frau ihr persönliches Risiko berechnen lassen kann. Hier wird z. B. die Kinderlosigkeit, die familiäre Belastung und das Alter bei der Menarche mitberücksichtigt. Einige Risikofaktoren können die Frauen selbst bestimmen und das Risiko durch Änderung der Lebensgewohnheiten senken. Andere Faktoren lassen sich so nicht beeinflussen, stattdessen kann eine Risikoreduktion z. B. auch durch medikamentöse Therapien erreicht werden. Hier gilt es immer, Nutzen und Risiken einer Therapie gegeneinander abzuwägen. Da in diesem Fall gesunde Frauen behandelt werden, muss die Aufklärung über die Nebenwirkungen besonders sorgfältig erfolgen.

Das Mammografiescreening wurde in Deutschland 2005 eingeführt. Alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren werden regelmäßig in spezialisierte und autorisierte Zentren eingeladen. Ziel des Screenings ist die Reduktion der Mortalität des Mammakarzinoms durch frühere Diagnosestellung. Die Akzeptanz des Screeningprogrammes liegt derzeit bei gut 50 %. Weitere Untersuchungen werden die Frage beantworten müssen, ob es uns gelungen ist, Mammakarzinome frühzeitiger zu entdecken und dadurch karzinombedingte Todesfälle zu verhindern.

Die adjuvante Therapie hat sich in den letzten Jahren immer mehr an den Risikofaktoren ausgerichtet. Neben Nodalstatus, Tumorgröße, Rezeptorexpression werden auch immer mehr tumorbiologische Faktoren bekannt, die uns helfen, die Prognose in den einzelnen Fällen abzuschätzen und die Patientinnen risikoadaptiert zu beraten und zu behandeln.

Auch bei der Operation des Mammakarzinoms orientieren wir uns zunehmend an Risikofaktoren und versuchen wenn möglich den operativen Eingriff zu minimieren. So konnte die Häufigkeit der axillären Lymphonodektomie in den letzten Jahren durch die Sentinel Node Biopsie deutlich reduziert werden. Mittlerweile gibt es Überlegungen, ob nicht auch bei positivem Sentinel Node auf die Lymphonodektomie verzichtet werden kann. Hier gibt es Module, die über die bereits bestimmten Faktoren (Tumorgröße, Grading, Anzahl entfernter Lymphknoten, Anzahl befallener Lymphknoten) das Risiko für weitere befallene Lymphknoten in der Axilla berechnen. Wird der Verzicht auf die Lymphonodektomie durch Strahlentherapie ausgeglichen und werden hierdurch andere Langzeitnebenwirkungen erkauft?

Aufgrund der mittlerweile sehr differenzierten Therapieempfehlungen müssen wir auch die Patientin immer mehr in die Entscheidung mit einbeziehen. Hier wird dann auch das unterschiedliche Sicherheitsbedürfnis mit in die Überlegungen genommen. In der Beratung sind wir Ärzte zunehmend gefragt. Welche Patientin braucht eine Chemotherapie und wann können wir darauf verzichten? Trastuzumab ist z. B. nur in Kombination mit einer Chemotherapie zugelassen. Wie klein muss ein Tumor sein, damit wir auf die Therapie verzichten können? Sollen wir in der antihormonellen Therapie den Aromatasehemmer upfront empfehlen oder ist doch der Switch Tamoxifen und dann Aromatasehemmer die richtige Empfehlung? Hier müssen wir auch eine sehr detaillierte Besprechung der Nebenwirkungen der Medikamente vornehmen, die Patientin wird ganz sicher mitentscheiden.

Die Hoffnung besteht, dass wir durch immer bessere Kenntnis von Prognosefaktoren und prädiktiven Faktoren zu einer individualisierten Therapie gelangen, die uns Ärzte mehr fordert, den Patientinnen aber Lebensqualität und die Chance auf ein besseres Überleben gibt.

In dieser Ausgabe des klinikarzt werden die verschiedenen Aspekte der Behandlung des Mammakarzinoms dargestellt, so beschäftigen sich die Artikel mit der Prävention, der Operation, der Strahlentherapie, der medikamentösen und endokrinen Therapie sowie den Möglichkeiten der Plastischen Chirurgie. Dies verdeutlicht, dass die Therapie des Mammakarzinoms interdisziplinär getragen werden muss, jeder beratende Arzt die Möglichkeiten kennen sollte, um auch als Lotse für die Patientinnen agieren zu können.