Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7(5): 381-386
DOI: 10.1055/s-0032-1313204
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Raman-Spektroskopie – Eine neue Methode des schmerzfreien Glukosemonitorings ohne individuelle Kalibrierung muss ihre Alltagstauglichkeit beweisen

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  • E. Biermann1

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Publication Date:
14 November 2012 (online)

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Die Pulsoxymetrie hat es uns eindrücklich vorgemacht: Eine infrarote (Wellenlänge 940 nm) und eine sichtbare (660 nm) Lichtquelle durchstrahlen die Fingerspitze simultan, über die Lichtabsorption wird die Sauerstoffbeladung des Hämoglobins gemessen und daraus die partiale Sauerstoffsättigung errechnet. Diese Geräte kosten aus Fernost mittlerweile weniger als 40 €, passen in jede Kitteltasche und haben sich in allen Medizinbereichen enorm erfolgreich etabliert.

Dass ein solcher Traum auch für die Blutglukose bereits seit Langem existiert, mag nicht verwundern. Allerdings: Die Farbunterschiede beim oxigenierten Blut sieht man schon mit bloßem Auge, je hellroter, umso mehr Sauerstoff enthält der Körper. Immerhin enthält das Blut 14 g Hämoglobin im Deziliter. Dies ist bei der Glukose gänzlich anders, hier sind es etwa 100-mal weniger.

Auch wenn sich gegenwärtig das Geschäft mit BZ-Teststreifen für die Herstellerfirmen als stabil und profitabel darstellt, so hat es doch einen kleinen Schönheitsfehler: den Schmerz beim Stich. So ist der Erfindungsreichtum, der darauf abzielt, diesen Schmerz zu umgehen, enorm. Wenn dies verletzungsfrei – also nicht invasiv – sein soll, so muss irgendeine Form von Strahlung zur Anwendung kommen [1].

Die Zahl der Patente von „nicht invasiven“ Methoden der Glukosemessung in USA ist seit 1970 exponentiell gestiegen, zwischen 2000 und 2005 waren es über 5000 und in den darauffolgenden 5 Jahren wahrscheinlich mehr als 10 000. Dabei muss nicht jedes Patent real funktionieren, die Idee lediglich muss neu sein und „theoretisch funktionieren“ [2]. Nun macht sich eine amerikanische Firma auf, den europäischen Markt als erstes mit einem auf Raman-Spektroskopie basierenden Gerät zu erobern[2]. Hier haben Physiker aus USA um Jan Lipson (siehe Kasten) Pionierarbeit geleistet [3].


Dr. Jan Lipson (1951 – 2010) ([Abb. 1]) war Physiker, der an der UCSD in San Diego und am Caltec in Pasadena studiert hatte. Sein Spezialgebiet waren Optik und Optoelektronik. 2003 gründete er die Fa. C8 Medisensors zusammen mit Paul Zygielbaum und Bob McNamara, die er bereits 1968 am CALTECH kennenlernte, u. a., weil er seinem an Diabetes erkrankten Sohn das tägliche Stechen in die Fingerbeere ersparen wollte. Er schrieb 50 Publikationen und hielt 30 Patente. Er war leidenschaftlicher Radrenner und verstarb 2010 auf tragische Weise an einem Fahrradunfall.

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Abb. 1 Dr. Jan Lipson.

Anliegen dieser Arbeit ist es, die Messmethode genauer zu beschreiben und von ähnlichen Verfahren abzugrenzen. Zahlen und Statistiken, die die aktuelle Genauigkeit, Präzision und Selektivität für Glukose unter Alltagsbedingungen belegen, will und kann diese Publikation nicht im Detail präsentieren, weil sie noch nicht in toto veröffentlicht sind bzw. noch zu erheben sind. Bevor diese Messmethode beschrieben wird, seien einige Vorbemerkungen zu nicht invasiven Verfahren gemacht, insbesondere mit Licht.

1 Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Diabetestechnologie der DDG (Sensorgruppe).