Zusammenfassung
Die fetale Entwicklung der Lunge und des Immunsystems ist sehr plastisch und kann
von diversen endogenen und exogenen Faktoren beeinflusst werden. In den letzten Jahren
konnte mithilfe von verschiedenen Tiermodellen Erkenntnisse über die Wirkung von Chorioamnionitis
auf die Lungenreifung und -entwicklung sowie auf das sich entwickelnde Immunsystem
gewonnen werden. Dabei zeigte sich, dass Chorioamnionitis zu einer Verletzung der
Lunge durch eine Entzündungsreaktion und sich daran anschließenden Umbauprozessen
führt. Als eines der wesentlichen Zytokine, das in die Vermittlung dieser Prozesse
involviert ist, konnte Interleukin-1 (IL-1) identifiziert werden. Bezüglich der Lungenreifung
konnte gezeigt werden, dass Chorioamnionitis zu einer Induktion der Synthese von Surfactant
Proteinen und Lipiden in der fetalen Lunge führt und somit den positiven Einfluss
von Chorioamnionitis auf das Atemnotsyndrom (RDS) funktionell erklären hilft. Auf
der anderen Seite kann Chorioamnionitis auch strukturelle Veränderungen in der Lunge
bewirken, verbunden mit einer Modulation von Wachstumsfaktoren wie TGF-β, CTGF, FGF-10
oder BMP-4, die alle eine wesentliche Rolle in der Lungenentwicklung besitzen. Diese
Veränderungen führen zu einer Vereinfachung der Alveolen und zu einer Alterierung
der Blutgefäße, die den Veränderungen bei BPD sehr ähnlich sind. Chorioamnionitis
beeinflusst daneben eine Vielzahl von Signalwegen der Entzündungsreaktion und embryologischen
Entwicklung. Diese Signalwege beeinflussen sich gegenseitig und bilden ein fein reguliertes
Netzwerk, das die Lungenentwicklung steuert. Neben Chorioamnionitis können diese Signalwege
durch andere pränatale (z. B. Glukokortikoide) und postnatale Faktoren (mechanische
Beatmung, Sauerstoff, Infektionen, Steroide) beeinflusst werden. Die Entwicklung der
Lunge kann ebenfalls indirekt durch die Wirkung der Chorioamnionitis auf die Effizienz
des fötalen Immunsystems beeinflusst werden. Chorioamnionitis kann eine Toleranz gegenüber
Endotoxin (LPS Toleranz, Immunparalyse) induzieren, die wohl weiteren Schaden des
Feten verhindern kann, aber auch das Risiko für postnatale Infektionen erhöht. Die
postnatale Reparaturreaktion scheint in hohem Maße von pränatalen Faktoren abhängig
zu sein. Daher erscheint die Hypothese von sekundären Verletzungen sehr plausibel,
wobei histologische Chorioamnionitis eine Prädisposition für eine postnatal beeinträchtigte
Entwicklung ist.
Abstract
The developing lung and immune systems are very plastic and their developmental pathway
can be influenced by various endogenous and/or exogenous factors. In the last years
translational research with various animal models has been helpful to answer some
basic questions about the effect of chorioamnionitis on maturation and development
of the foetal lung and immune system. Chorioamnionitis can induce a cascade of lung
injury, pulmonary inflammation and remodelling in the foetal lung. Chorioamnionitis-induced
IL-1 production is consistently associated with lung maturation, induced by enhancing
surfactant protein and lipid synthesis. IL-1 therefore seems to be the main link between
lung inflammation and lung maturation, which largely prevents RDS in preterm infants.
On the other hand, chorioamnionitis can also cause structural lung changes and affect
the expression of growth factors, like TGF-β, CTGF, FGF-10 or BMP-4, which are crucial
for branching morphogenesis. These changes result in alveolar and microvascular simplification
similar to BPD. Neonatal outcome may also be affected by chorioamnionitis by modulating
the efficacy of the immune system. Chorioamnionitis can induce LPS-tolerance (endotoxin
hyporesponsiveness/immunoparalysis), which may prevent further foetal lung damage
but increases susceptibility to postnatal infections. The inflammatory and developmental
signalling pathways affected by chorioamnionitis form delicately regulated networks,
which interact with each other to control lung development. In addition to chorioamnionitis,
these pathways can be affected by other prenatal (steroid) or postnatal factors (mechanical
ventilation, oxygen exposure, infection, steroids). Because the postnatal response
to injury appears to be highly dependent on prenatal exposures, the “secondary hit”
hypothesis is very plausible, in which exposure to chorioamnionitis is a predisposition
for the development of adverse neonatal outcomes.
Schlüsselwörter Chorioamnionitis - RDS - Surfaktant - BPD - TGF-β - Toleranz
Key words chorioamnionitis - RDS - surfactant - BPD - TGF-β - tolerance