Diabetes aktuell 2012; 10(4): 170-174
DOI: 10.1055/s-0032-1322437
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stationäre Rehabilitation – Versorgungslage und Bedürfnisse türkischer Migranten mit Diabetes mellitus

Supply situation and needs of Turkish migrants with diabetes mellitus during clinical rehabilitation
Frauke Huth
1   Klinik Niederrhein, Bad Neuenahr-Ahrweiler
,
Peter Hübner
1   Klinik Niederrhein, Bad Neuenahr-Ahrweiler
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Publication Date:
02 July 2012 (online)

Erfahrungen aus dem Alltag zeigen, dass wichtige spezifische Anliegen türkischer Migranten mit Diabetes bei der Behandlung nicht ausreichend beachtet werden. In einer explorativen, qualitativen Studie wurden während einer Rehabilitationsmaßnahme bei deutschen und türkischen Diabetikern deren Versorgungssituation und Bedürfnisse untersucht. In Interviews wurde u. a. nach Krankheitswissen und -erleben, Lebens- und Ernährungsweise, Gesundheitsverhalten, sowie individuellen und familiären gesundheitsförderlichen Ressourcen gefragt.

Bei den medizinischen Parametern ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den türkischstämmigen und deutschen Studienteilnehmern. Türkische Patienten hatten eine deutlich schlechtere Schul- und Ausbildung als die deutschen. Krankheitsbezogenes Wissen über Ursachen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten war unzureichend. Türkische Männer wiesen signifikant mehr Arbeitsunfähigkeitstage im Jahr vor der Reha auf und hatten häufiger einen Rentenwunsch. Die psychischen Belastungen der türkischen Patienten unterschieden sich deutlich von denen der deutschstämmigen.

Schlussfolgerung: Zur Behandlung von türkischstämmigen Diabetikern sind bikulturell kompetente und bilinguale Mitarbeitende für Schulung und Beratung erforderlich. Instruktionen in Therapie und Schulung müssen an Bildungshintergrund und Lebensgewohnheiten der Patienten angepasst werden. Die hohe psychische Belastung der Patienten muss in diagnostischen und therapeutischen Strategien berücksichtigt werden.

Über die Entwicklung neuer Schulungsmedien, die ohne Printmedien auskommen, wird nachgedacht.

Experiences from everyday life show that important specific concerns of Turkish migrants are not sufficiently recognized in the treatment of diabetes. In an exploratory, qualitative study of patients in rehabilitation care situation and needs of German and Turkish diabetic patients were examined. In interviews we were asked concerning experience and knowledge of the disease, life and diet, health behaviors, as well as individual and family health-promoting resources.

There were no significant differences between patients of German and Turkish origin in medical parameters. Turkish patients had a significantly poorer education and training than the Germans. Disease-related knowledge about causes, consequences and treatment was inadequate. Turkish men had significantly more work disability days in the year before the rehabilitation and had more frequently a pension request. The psychological stress of the Turkish patients differed significantly from those of German ancestry.

Conclusion: For the treatment of patients with Turkish origin with diabetes a competent bicultural and bilingual staff is needed for training and advice. Instructions in therapy and training must be adapted to the educational background and lifestyle habits of patients. The high level of psychological distress of patients must be considered in diagnostic and therapeutic strategies. The development of new training media that work without print media, is being considered.

 
  • Literatur

  • 1 Laube H, Bayraktar H, Gökce Y, Akinci A, Erkal Z, Bödeker RH, Bilgin Y. Zur Diabeteshäufigkeit unter türkischen Migranten in Deutschland. Diabetes und Stoffwechsel 2001; 10: 51-56
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