Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A51
DOI: 10.1055/s-0032-1323214

Krankheitsbewältigung und Lebenswelten: Versorgungsleistungen nach dem Diversity-Ansatz – Die Einbeziehung psycho-sozialer Einflussfaktoren als Ressourcen für eine erfolgreiche Krankheitsbewältigung

A Dehn-Hindenberg 1
  • 1Europäische Fachhochschule (EUFH) - Fachbereich Angewandte Gesundheitswissenschaften, Rostock

Obwohl nur eine erfolgreiche Krankheitsbewältigung der Patienten eine Stabilisierung der körperlichen und psychischen Funktionsfähigkeit und eine aktive soziale Teilhabe an der Lebens- und Arbeitswelt ermöglicht, findet eine individuelle Einbeziehung und Unterstützung der Betroffenen im Versorgungssystem bislang nur wenig Berücksichtigung. Um wirksame Selbstmanagementkompetenzen und eine sinnvolle Ressourcennutzung der Patienten im Krankheitsbewältigungsprozess zu unterstützen, ist es jedoch sinnvoll, den individuellen Einfluss von health-beliefs und deren sozio-kulturelle Wurzeln sowie die Bedingungen des Lebensumfeldes auf den Umgang mit Gesundheit und Krankheit bei der Gestaltung der Versorgungsleistungen zu berücksichtigen. Eine nutzerorientierte Versorgungsplanung setzt somit neben der Analyse der Patientenbedürfnisse und -erwartungen, der bisherigen Bewältigungsstrategien und der subjektiven Erfolgskriterien (z.B. die individuelle Definition von Lebensqualität) auch das soziale Umfeld als Einflussfaktor auf den Krankheitsbewältigungsprozess voraus. Denn die Qualität der Krankheitsverarbeitung kann aus drei unterschiedlichen Perspektiven bewertet werden: aus der des erkrankten Patienten, des medizinischen/therapeutischen Systems und des sozialen Umfelds. Damit die Behandlungsmaßnahmen nachhaltig wirken können, ist es sinnvoll, das sozio-kulturelle Umfeld in den Behandlungs- und Rehabilitationsprozess mit einzubeziehen, um die Mitarbeit im Krankheitsbewältigungsprozess zu aktivieren, das Vertrauen in medizinische Versorgungsmaßnahmen zu stärken und eine alltagsorientierte Gestaltung des Gesundheitsmanagements zu stabilisieren. Interdisziplinär anwendbare Beratungs-, Informations- und Trainingstools können die interkulturellen, psycho-sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Gesundheitsberufe optimieren, um die Therapiemaßnahmen für chronisch erkrankte Patienten so zu gestalten, dass sie effektiv und langfristig wirksam sind.

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