Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A119
DOI: 10.1055/s-0032-1323282

Selbstwirksamkeit, Entscheidungsbalance und beobachtetes Zahnbürstverhalten

D Harnacke 1, T Winterfeld 2, N Schlüter 2, C Ganß 2, J Margraf-Stiksrud 3, R Deinzer 1
  • 1Institut für Medizinische Psychologie, Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen
  • 2Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Präventive Zahnheilkunde der Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen
  • 3Fachbereich Psychologie, Philips-Universität Marburg, Marburg

Einleitung: Sowohl quantitative als auch qualitative Studien zeigen, dass mundgesundheitsbezogene Selbstwirksamkeit mit der Häufigkeit von Zähnebürsten, Interdentalhygiene und Zahnarztbesuchen zusammenhängt. Unklar ist allerdings, ob auch das Putzverhalten selbst damit assoziiert ist und ob dies auch von einem anderen gesundheitspsychologisch relevanten Merkmal, der Entscheidungsbalance, abhängt. Methode: Bei einer Zufallsstichprobe (N=101) Gießener Bürger mit Geburtsjahrgang 1992 wurde zunächst der Plaqueindex von Silness und Löe erhoben. Danach wurden die Probanden gebeten, ihre Zähne vor einem Spiegel mit integrierter Videokamera wie gewohnt zu reinigen. Zur Reinigung stand den Probanden eine Zahnbärste und Zahnseide zur Verfügung. Die Videoauswertung erfolgte durch zwei trainierte Beobachter. Aus den Beobachtungsdaten wurden Gesamtbürstdauer und der Variantionskoeffizient der Putzdauer für die oralen und bukkalen Flächen der verschiedenen Sextanten abgeleitet. Selbstwirksamkeit und Entscheidungsbalance wurden als psychologische Prädiktoren erfasst. Ergebnisse: Regressionsanalysen mit Vorwärtsselektion ergeben, dass die auf Mundhygiene bezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen und die erlebten Nachteile 27% der Varianz der Mundhygiene (Plaqueindex) aufklären (p<0,05). Die Bürstdauer teilt sich 11% gemeinsamer Varianz mit den auf Mundhygiene bezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen (p<0,05). Für den Variationskoeffizienten konnten keine signifikanten psychologischen Prädiktoren identifiziert werden. Diskussion: Die Varianzaufklärung des tatsächlichen Bürstverhaltens durch die genannten Parameter ist gering, der Zusammenhang zur Mundhygiene selbst ist dagegen größer. Diese Unterschiede in der Varianzaufklärung dürften insbesondere Unterschiede des Aggregationsniveaus in der hier gewählten Operationalisierung von Bürstverhalten und Mundhygiene reflektieren. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um diese Annahme zu prüfen.