Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2013; 45(03): 119-122
DOI: 10.1055/s-0033-1334407
Praxis
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I did it my way − ein Weg, der Mut macht

Ulli Kappler
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Publication Date:
09 October 2013 (online)

„Das sieht nicht gut aus“, sagte der Gynäkologe kopfschüttelnd und legte sein Ultraschallgerät, mit dem er meine Brust untersucht hatte, zur Seite.

Mit diesem schnörkellosen Satz werden viele von uns zu Beginn ihrer Brustkrebserkrankung konfrontiert. „… sieht nicht gut aus“ hört sich leider nicht gut an ― aber es ist vergleichsweise harmlos und freundlich, gemessen an dem, was uns in naher Zukunft an Mitteilungen erwartet.

Sechs Monate vor dieser lebensverändernden Aussage hatte ich im Mai 1999 eine kleine Verhärtung in der rechten Brust gespürt und sie meinem damaligen Gynäkologen gezeigt. Ein Ultraschallgerät besaß er zwar nicht, aber sein Tastbefund war eindeutig abwiegelnd. „Nein, nein, das sind verhärtete Milchdrüsen. Schließlich nehmen Sie Östrogene, da kann die Brust schon mal so reagieren. Machen Sie sich keine Sorgen.“ Ich ließ mich gerne beruhigen − und wartete sechs unnötige Monate ab, bis ich endlich diesen anderen Arzt aufsuchte, der mich umgehend zu weiteren Voruntersuchungen in ein radiologisches Zentrum schickte.

Drei Tage später lag ich auf dem OP-Tisch. Die Vermutung war richtig: Es handelte sich um ein 1,5 cm großes invasiv-duktales Karzinom und nicht um eine verhärtete Milchdrüse. Alle 15 entnommenen Lymphknoten waren „frei“, Metastasen keine entdeckt − und wäre der Tumor auch noch im Gesunden entfernt worden, hätte ich mich sicher für einen Glückspilz gehalten. Das aber war leider nicht der Fall. An zwei Schnitträndern fanden sich noch Krebszellen, sodass ich eine Woche später schon wieder operiert wurde. „Nachschneiden“ nannte es der Operateur.

In diesem neuen Gewebestück entdeckte der Pathologe einen zweiten Tumor, diesmal invasiv-lobulär, den die Mammographie nicht gezeigt hatte. Zudem beschrieb der histologische Befund eine Lymphangiosis carcinomatosa sowie den Wachstumsfaktor HER2/neu als stark überexprimiert. Und wieder wurde nicht im Gesunden entfernt.

Die Therapieempfehlung, die diesen Befunden folgte, war dann der eigentliche Schock:

  1. Mastektomie,

  2. Chemotherapie,

  3. Bestrahlung,

  4. Antihormontherapie

Panik überfiel mich. Gab es denn dazu keine Alternative? Nein, wurde mir versichert, diese Empfehlungen basieren auf den letzten Studienergebnissen. Aber es seien nur Empfehlungen, entscheiden müsse ich ganz allein. Nur: Wie entscheidet man etwas so Folgenschweres, wenn man wenig Ahnung, dafür aber viel Angst hat? Mir wurde klar, dass ich andere Meinungen brauchte. Nicht von Freunden, die mich alle nur drängten, diesen Brust-ab-Chemo-Bestrahlungs-Weg zu gehen, sondern von anderen Ärzten, kompetenten Fachärzten − in der verzweifelten Hoffnung auf eine weniger radikale Therapie.