Laryngorhinootologie 2013; 92(10): 675-678
DOI: 10.1055/s-0033-1341448
Gutachten + Recht
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Patientenrechtegesetz in Kraft getreten: Noch mehr Papierkrieg in Klinik und Praxis

A. Wienke
1   Fachanwalt für Medizinrecht, Wienke & Becker – Köln
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Publication Date:
08 October 2013 (online)

Am 26. Februar 2013 ist das viel diskutierte Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Ohne Übergangsfristen werden damit die Neuregelungen der §§ 630 a bis 630 h des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wirksam und sind von allen Beteiligten zu beachten. Im anstehenden Bundestagswahlkampf werden dies die Politiker jeder Couleur dazu nutzen, auf ihre großen Verdienste um den Verbraucherschutz hinzuweisen. Die für das Patientenrechtegesetz zuständigen und von F.D.P.-Politikern geleiteten Ministerien, das Bundesjustiz- und das Bundesgesundheitsministerium, werden sich die Meriten um einen angeblich gestärkten Patientenschutz an die Brust heften.

Ob die Politiker die Verabschiedung des Patientenrechtegesetzes jedoch tatsächlich als Erfolg feiern können, ist bereits jetzt sehr fraglich. Bereits im Zuge der legislativen Diskussionen hatten nahezu alle zu Rate gezogenen Einrichtungen und Sachverständigen darauf hingewiesen, dass die vom Gesetzgeber vorgeschlagenen Neuregelungen sowohl aus rechtswissenschaftlicher als auch aus zivilprozessualer Sicht nicht erforderlich sind, um den verfolgten Zielsetzungen eines besseren Patientenschutzes gerecht zu werden. Diese Ziele konnten auch bisher schon eingedenk der von der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft entwickelten und die allgemeinen gesetzlichen Regelungen ergänzenden Rechtssätze gewährleistet werden. Das Patientenrechtegesetz wird daher in seiner praktischen Anwendung mehr Fragen als Antworten aufwerfen und viele Gerichte beschäftigen.

Eine dieser strittigen Neuregelungen findet sich in § 630e BGB im Zusammenhang mit den Aufklärungspflichten. § 630e Abs. 2 Satz 2 BGB lautet nämlich:

„Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.“

Die sich aufdrängende Frage nach dem Sinn dieser Neuregelung beantwortet die Gesetzesbegründung nicht. Dort heißt es lediglich:

„Wenn der Patient im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung Unterlagen unterzeichnet hat, so sind ihm davon gem. Abs. 2 Satz 2 Abschriften (z. B. in Form einer Durchschrift oder Kopie) auszuhändigen“.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hält in ihrem Rundschreiben vom 13.02.2013 hierzu fest, dass es schon bisher dem üblichen Geschäftsverkehr entsprochen habe, dem Vertragspartner eine Abschrift dessen auszuhändigen, was er unterschrieben hat, z. B. Behandlungsvertrag, Wahlleistungsvereinbarung usw. Für einen unterzeichneten Aufklärungsbogen könne nichts anderes gelten, schon aus Gründen der Fairness gegenüber dem Patienten. In welcher Form die Abschrift zu erfolgen habe, stehe im Belieben des Krankenhauses, denkbar seien sowohl eine Kopie oder auch eine Durchschrift. Zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt dem Patienten die Abschrift auszuhändigen sei, fänden sich weder im Gesetzestext noch in der Gesetzesbegründung entsprechende Angaben. Allerdings spreche der Sinn und Zweck der Aufklärungs- und Einwilligungsvorschriften eher dafür, die Abschrift zeitnah im Zusammenhang mit der Aufklärung oder der Einwilligung auszuhändigen.

Viele Fragen bleiben offen. Im Folgenden sollen einige davon beantwortet werden: