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DOI: 10.1055/s-0033-1348987
Fallbericht: M. Crohn oder NET? Neuroendokriner Tumor (G1) der Ileocoecalregion bei einer 39-jährigen Patientin mit „M. Crohn“
Hintergrund:
Neuroendokrine Tumoren (NET) sind eine heterogene Familie von Neoplasien (Synonym: NEN), deren Gemeinsamkeit der Ursprung aus den Stammzellen des diffusen endokrinen Systems ist. Neben den gastroenteropankreatischen neuroendokrine Tumoren (GEP-NET) finden sich bronchiale NEN am zweithäufigsten.
Nur ca. ein Drittel aller GEP-NET sind funktionell aktiv und verursachen Symptome aufgrund der Sekretion neuroendokrin aktiver Substanzen. Der Großteil der Patienten leidet an nichtfunktionellen Tumoren, welche je nach Lokalisation die unterschiedlichsten Symptome hervorrufen können. Klinisch manifestieren sich Dünndarm – NET oft als (Sub-) Ileus durch stenosierendes Wachstum und Raffung des Mesenteriums
durch mesenteriale LK- Metastasierung mit typischer desmoplastischer Reaktion.
Die vollständige chirurgische Resektion nach onkologischen Kriterien besitzt – als einziger kurativer Ansatz – therapeutisch den höchsten Stellenwert. Die Resektion von Primärtumor und LK- Metastasen reduziert tumorassoziierte Symptome auch bei manifester Leber-metastasierung. In ausgewählten Fällen stellt die Lebertransplantation eine Therapieoption dar.
Fallbericht:
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 39-jährige Patientin, welche über Jahre rechtsseitige Unterbauchschmerzen beklagte und bei der mit 35 Jahren ambulant die Diagnose eines M. Crohn der Ileocoecalregion diagnostiziert wurde. Endoskopisch hierbei ca. 3 cm in das Coecumlumen hineinragende Bauhin- Klappe und nur kurzstreckig einsehbares term. Ileum, wobei sich histologisch lediglich eine unspezifische Entzündung zeigte.
Beginn mit 9 mg Budesonid, bei fehlendem Ansprechen auf 30 mg Prednisolon eskaliert und ca. 6 Monate nach Diagnosestellung Einleitung einer Azathioprintherapie, welche bei Haarausfall nach ca. 8 Monaten abgesetzt wurde. Nach beschwerdearmem Verlauf 6 Wochen vor Diagnosestellung intermittierend heftige krampfartige Schmerzen im rechten Unterbauch und fehlendes Ansprechen auf Steroide. Coloskopisch Befund idem zu 2006. Im MR-Sellink Ileitis terminalis mit filiformer Stenose des terminalen Ileum und aufgetriebener Bauhinklappe.
Zuweisung zur Dilatationsbehandlung. In den ausgedehnten Biopsien von der Bauhinklappe nun Nachweis eines NET (G1).Die weiterführende Diagnostik (Octreotid-Scan, CT) zeigte einen großen polymorpher rezeptorpositiver Tumor im rechten Unterbauch mit mindestens zwei suspekten lokoregionären Lymphknoten im benachbarten mesenterialen Fettgewebe. Zudem fand sich eine zweite Tumormanifestation mit Rezeptorbesatz im mesenterialen Fettgewebe rechts paramedian ventral der V. cava inferior. In der Leber kamen mindestens vier hypodense Leberläsionen zur Darstellung, eine weitere Verifizierung war jedoch bei fehlender Anreicherung im Octreotid-Scan und Hypoperfusion der Läsionen nicht möglich.
Es folgte die explorativen Laparotomie mit Hemikolektomie rechts mit end-zu-seit
Ileotransversostomie. 8 von 22 LK waren positiv bei palpatorisch in beiden Leberlappen bis kirschgroßen metastasensuspekten Herdbefunden, welche sich histologisch bestätigten.
3 Monate postoperativ DOTATOC-PET/CT mit mehreren, im CT schwer abgrenzbaren Lebermetastasen und nur teilweise gering vermehrter Somatostatin-Rezeptor-Expression. Kein Nachweis eines Lokalrezidivs oder von extrahepatischen Metastasen.
Entscheidung zur Listung zur Lebertransplatation, wobei überwiegend aufgrund der Wartezeit
der MELD-Score bei 36 liegt. Bei stabilem Befund und gutem Allgemeinbefinden wir die Patientin derzeit als nicht transplantabel geführt.
Schlussfolgerung:
Bei der hier vorliegenden diffusen Lebermetastasierung stellt wie auch bei lebensbedrohlichen Folgen der Hormonproduktion aktiver NET die Lebertransplantation eine erwägenswerte Therapieoption dar. Die Patientenselektion ist hierbei eine Herausforderung, zumal es nach erfolgreicher Transplantation häufig zu Tumorrezidiven kommt.
Zudem ist es äußerst schwierig, den richtigen Zeitpunkt zur Transplantation zu finden, da die Patienten oft lange klinisch stabil bleiben, und eine Organallokation mittels MELD- score Analog zum HCC damit oft wenig hilfreich ist.