Suchttherapie 2013; 14 - S_10_1
DOI: 10.1055/s-0033-1351439

Rausch und Ekstase. Ein Weg in die Sucht

M Poltrum 1
  • 1Anton Proksch Institut, Wien

Einleitung: Rausch und Ekstase sind universelle Phänomene, die zu allen Zeiten und in allen Kulturen gesucht, ersehnt und/oder gefürchtet sind und stellen ob ihrer Faszination einen Weg dar, warum sich eine Sucht entwickeln kann. Was fasziniert, das möchte wiederholt werden. Bei chronischer Wiederholung und drohendem Kontrollverlust sind Rausch und Ekstase überdosiert und der Weg in die Sucht wird beschritten.

Methode: Der Begriff Rausch wird im klinischen Kontext normalerweise mit „aufwallendem Chaos“, einem „Sich gehen lassen“, „Trunkenheit“, „Taumel“, „Umnebelung der Sinne“, „Erregungszustand“ oder sogar mit dem unkritischen Begriff des „Rauschgifts“ assoziiert, der suggeriert, dass es Rauschsubstanzen gäbe die unabhängig von der Dosierung in jedem Fall Gift sind und darum zu meiden seien. Das Wunderbare des Rausches wird z.B. positiv in der Rede vom „berauschenden Augenblick“ angezeigt. Eine größere Explikationskraft als das Wort Rausch hat der Begriff Ekstase. Ekstase (ἔκστασις, ékstasis) „das Heraustreten“, das „Außer-sich-sein“, das „Außer-sich-geraten“, „die Verzückung“, von ἐξ-ίστασθαι, ex-histasthai, „aus sich heraus treten“ kommend, zeigt sehr schön, was im eigentlichen Sinn geleistet wird, wenn man in diese freudige Erregung versetzt wird. Man tritt aus sich heraus und kommt zur Welt, die in der Ekstase auf intensivere Weise da ist als in der Nüchternheit.

Diskussion/Ergebnisse: Rausch und Ekstase sind also keineswegs nur Negativ- oder Deprivationserscheinungen. Man könnte sogar argumentieren, dass im Rausch eine Art Therapeutikum der Sucht liegt. Der österreichische Künstler, Kurator, Kunst- und Medientheoretiker Peter Weibel (2002) hat einmal gemeint: „Wo das Leben selbst eine Entziehungskur ist, gedeiht der Boden für die Sucht. Wo die Lebenssehnsucht nicht gesättigt wird, füllt die Drogensucht den leeren Raum.“ In unsere Zusammenhänge übersetzt hieße das, wo das Leben selbst alles andere als berauschend ist, wird der menschliche Geist suchtanfällig.

Schlussfolgerung: Dem entsprechend müsste man als Suchttherapeut zur Prophylaxe und zur Therapie die nüchterne Trunkenheit und drogenfreie Ekstase als Medikamente gegen die Sucht empfehlen.