Suchttherapie 2013; 14 - S_11_2
DOI: 10.1055/s-0033-1351444

Sucht im Alter, eine systemübergreifende Herausforderung für Gesundheitsmanager, Behandler und Versorger

A Roehm 1
  • 1ZfP Südwürttemberg, Reutlingen

Einleitung: Die Behandlung und „außerhäusliche“ Versorgung älterer und hochaltriger Abhängigkeitskranker erfolgt in den nur wenig vernetzten Sucht- und Altenhilfesystemen. Von zentraler Bedeutung sind hier die hausärztlichen Einzelpraxen, die somatischen, psychiatrischen Krankenhäuser und die ambulante Altenhilfe. Eine häufig vorhandene Multimorbidität und der eingeschränkte Zeithorizont „im Alter“ führen zu einer komplexen Entscheidungssituation für Behandler und Betroffene die nicht immer leitliniengerecht gelöst werden kann. Der Wunsch nach Verschreibung und gewohnheitsmäßigem Konsum von Suchtmitteln sowie wenig passgenaue Dienstleistungs- und Versorgungsangebote der Leistungserbringer verstärken den status quo.

Methode: Im Projekt „Sucht im Alter“ (Förderung: BMG und Baden-Württemberg Stiftung) wurden Mitarbeiter der hausärztlichen Einzelpraxen, hausärztliche Qualitätszirkel, Pflege und Behandlungsteams somatischer Krankenhäuser und Altenhilfeeinrichtungen fortgebildet. Zur Projektumsetzung wurde die Unterstützung bedeutsamer „key persons“ der Sucht- und Altenhilfe in den einzelnen Settings gewonnen (Kreiskliniken Reutlingen, Vorstand Bruderhausdiakonie, Vorsitzender der Kreisärzteschaft, Moderatoren der hausärztlichen Qualitätszirkel). Die Projektziele und gewonnenen Erkenntnisse wurden und werden in den Gremien des „Kommunalen Suchthilfenetzwerks Reutlingen“, in das „Netzwerk Alterspsychiatrie“ und in die Projektgruppe „Moderatoren hausärztlicher Qualitätszirkel“ eingebracht.

Diskussion/Ergebnisse: Die Unterstützung zentraler Entscheidungsträger ist für eine erfolgreiche Projektumsetzung unverzichtbar Die Evaluation der Schulungsmaßnahmen zeigt in nahezu allen Zielbereichen einen andauernden Wissens- und Kompetenzzuwachs. Die qualitative Auswertung zeigt die hausärztlichen Anforderungen an Klinik, Altenhilfe und das ambulante Versorgungssystem der Beratungs- und ambulante Behandlungsstellen. Die hausärztlichen Behandler sind sensibilisiert. Die Verordnung von Benzodiazepinen wird bspw. kritisch reflektiert. Die Auswertung der statistischen Routinedaten von Suchtberatungsstellen und Kliniken zeigen eine Tendenz zur erhöhten Inanspruchnahme durch Ältere.

Schlussfolgerung: Die Projektergebnisse belegen die Versorgungsrelevanz des Themas. Auf dem Hintergrund des soziodemografischen Wandels wird sich das Problem verschärfen. Die Sucht- und Altenhilfeträger müssen ihre verfügbaren Mittel zur ambulant aufsuchenden und (teil-) stationären Versorgung dem Bedarf anpassen und bei der individualisierten Versorgung Älterer und Hochaltriger systemübergreifend kooperieren.