Suchttherapie 2013; 14 - S_13_1
DOI: 10.1055/s-0033-1351451

Mortalität bei Alkoholabhängigen aus Bevölkerung und Behandlung

U John 1, C Meyer 2, G Bischof 3, J Freyer-Adam 2, HJ Rumpf 4
  • 1Universität Greifswald
  • 2Universitätsmedizin Greifswald
  • 3Universität Lübeck, Greifswald
  • 4Universität Lübeck

Einleitung: Die Evidenz zur Mortalität Alkoholabhängiger aus Bevölkerungs- oder Behandlungsstichproben hat für die Planung von Interventionen vier Vorteile: 1. Die Studien umfassen mindestens zwei Messzeitpunkte. 2. Die Diagnose der Alkoholabhängigkeit ist im Vergleich zu anderen Datenquellen vergleichsweise valide. 3. Prädiktoren der Überlebenswahrscheinlichkeit sind berechenbar. 4. Inanspruchnahme von Behandlung kann in die Prädiktion der Überlebenswahrscheinlichkeit einbezogen werden.

Methode: Es wird ein Überblick über Studien gegeben.

Diskussion/Ergebnisse: Patienten aus Alkoholabhängigkeitstherapien wurden mit Nachuntersuchungen über mehr als zehn Jahre bezüglich der Sterberate untersucht. Die Befunde bestätigen eine hohe Exzess-Mortalität und eine hohe Bedeutung des Tabakrauchens. Grenzen der Patientenstudien liegen darin, dass nur ein Teil alkoholabhängiger Menschen sich in Therapie begibt. Eine Bevölkerungsstudie zeigt, dass die Teilnahme an einer Entwöhnungsbehandlung nicht mit einem längeren Überleben verknüpft war als Nicht-Teilnahme (hazard rate ratio, adjustiert: 0,8; 90%-Konfidenzintervall 0,4 – 1,8; John et al., 2013). Entzugsbehandelt worden zu sein prädizierte Mortalität (hazard rate ratio, adjustiert: 4,1; 90%-Konfidenzintervall: 1,5 – 10,7) und stand mit der Schwere der Alkoholabhängigkeit in Beziehung. Als weitere Prädiktoren der Mortalität erwiesen sich alkoholbezogene Probleme in Familie, Arbeit oder weiteren Lebensbereichen sowie schlechte selbstberichtete Gesundheit im Allgemeinen. Die Anteile Gestorbener pro Jahr waren für Frauen 4,6-fach, für Männer 1,9-fach erhöht gegenüber den Anteilen Gestorbener in der alters- und geschlechtsvergleichbaren Bevölkerung. Im Durchschnitt betrug das Alter, in dem die Frauen starben, 60 Jahre, unter den Männern waren es 58. Keiner der Verstorbenen hatte das durchschnittliche Sterbealter in der Bevölkerung erreicht.

Schlussfolgerung: Teilnahme an Entwöhnungsbehandlung scheint keinen hinreichenden Schutz gegen vorzeitiges Versterben zu leistet. Frauen scheinen von der hohen Exzess-Mortalität besonders stark betroffen zu sein. Die Resultate sprechen für die Empfehlung, erstens mehr in proaktive bevölkerungsbezogene Ansätze der Prävention und in Frühintervention zu investieren und zweitens Tabak- und Alkoholentwöhnung immer als gleich bedeutsam zu gewichten.