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DOI: 10.1055/s-0033-1351471
Riskanter Alkohol- oder Medikamentenkonsum – Ergebnisse einer Studie zur Pflege suchtkranker Menschen im Alter (gefördert durch das BMG)
Einleitung: Durch die demographische Entwicklung erhält das Thema Sucht im Alter eine zunehmende Bedeutung für unsere Gesellschaft. Sowohl in der Sucht- als auch in der Altenhilfe besitzen die Mitarbeitenden eine hohe Kompetenz im Umgang mit suchterkrankten alten Menschen. Ein Austausch zwischen den beiden Berufsgruppen findet bisher aber kaum statt. Ziel des hier vorgestellten Forschungsprojektes ist es, das Expertenwissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sucht- und Altenhilfe in einem gemeinsamen Kommunikationsprozess zu formulieren und zu interdisziplinären Interventionsstrategien weiter zu entwickeln.
Methode: Es wurden insgesamt 9 Fokusgruppeninterviews mit Mitarbeitenden der ambulanten und stationären Sucht- und Altenhilfe durchgeführt. Durchführung und Auswertung erfolgten Anlehnung an die Methode der Grounded Theory.
Diskussion/Ergebnisse: Ältere Menschen mit Alkoholabhängigkeit und mit Medikamentenabhängigkeit unterscheiden sich in Ursachen und Umgang mit der Erkrankung deutlich voneinander. Als zentrale Ursache für übermäßigen Alkoholkonsum älterer Menschen dominiert das Verlusterleben (von Arbeit, des Partners, der Freunde) und daraus resultierend die Einsamkeit der betroffenen Personen. Eine bessere Vernetzung und Zusammenarbeit im Rahmen der gegebenen Hilfesysteme sowie der Einsatz einer Person des Vertrauens, die settingübergreifend agiert, wirken dabei förderlich. Der problematische Medikamentenkonsum entsteht oft schleichend aus dem Konsum verordneter Medikamente zur Schlafförderung, Schmerzlinderung und/oder Beruhigung. Für eine Verbesserung Situation von Bewohnern und professionellen Akteuren ist eine Systemveränderung in der Zusammenarbeit von Fachkräften der Sucht- und Altenhilfe sowie der behandelnden Ärzte erforderlich. Mitarbeitende der Altenhilfe haben häufiger als Mitarbeitende der Suchthilfe Zugang zu älteren Menschen mit Suchtproblemen. Häufig fehlen in den Einrichtungen aber Konzepte im Umgang mit dieser Patientengruppe. Mitarbeitende der Altenpflege entwickelten eher Pflege- und Begleitungsstrategien, die die Lebensqualität am aktuellen Ort der Betroffenen verbessern sollen, während die Mitarbeitenden der Suchthilfe stärker nach der besten Platzierung im Versorgungssystem suchten.
Schlussfolgerung: Eine stärkere Vernetzung der Sucht- und Altenhilfe für die Grenzen der Versorgungssysteme hinaus erscheint dringend notwendig. Suchtkranke ältere Personen und ihre Angehörigen sollten von einer professionellen Fachkraft ihres Vertrauens durch die Hilfesysteme begleitet werden.