Suchttherapie 2013; 14 - S_36_4
DOI: 10.1055/s-0033-1351543

Adaption niederländischer Zuweisungsleitlinien für Patienten nach dem qualifizierten Alkoholentzug – Ergebnisse einer Delphi-Befragung

A Buchholz 1, A Friedrichs 1, M Berner 2, L Kraus 3, D Piontek 3, F Rist 4, J Röhrig 2
  • 1Medizinische Psychologie, UKE Hamburg-Eppendorf
  • 2Psychiatrisches, Universitätsklinikum Freiburg
  • 3IFT, Institut für Therapieforschung, München
  • 4Psychologisches Institut, WWU Münster

Einleitung: In der niederländischen Suchthilfe wurden Leitlinien für die Zuweisung von Patienten zu evidenzbasierten Behandlungsangeboten implementiert. Anhand der Kriterien Schweregrad der Abhängigkeit, Psychiatrische Komorbidität, Soziale Desintegration und Anzahl früherer Suchtbehandlungen werden vier in ihrer Intensität ansteigende Behandlungspfade (Levels of Care, LOC) festgelegt, die als Grundlage für ein Entscheidungsgespräch über mögliche Behandlungsoptionen zwischen Behandler und Klienten dienen. Dieses Vorgehen kann aufgrund vielfältiger Unterschiede in den Versorgungssystemen beider Länder nicht direkt auf Deutschland übertragen werden: Es existiert keine Einteilung unterschiedlicher Behandlungsangebote in LOC. Zudem ist fraglich, inwieweit die in den Niederlanden zugrunde gelegten Indikationskriterien und Berechnungsalgorithmen einer Anpassung bedürfen. Ziel dieser Studie war daher die Einteilung in Deutschland existierender Behandlungsangebote in LOC und die Adaption des niederländischen Zuweisungsalgorithmus.

Methode: In einer Onlinebefragung wurden Suchtexperten gebeten, existierende Behandlungsangebote anhand ihrer Intensität einzuteilen und für die Zuweisung relevante Indikationskriterien zu benennen. In anschließenden Fokusgruppen wurden diese Befragungsergebnisse diskutiert. Nachfolgend erhielten die Experten erneut eine Ergebnisrückmeldung zur Kommentierung. In einer abschließenden Konsensuskonferenz wurde ein Vorschlag für eine Klassifikation und einen Zuweisungsalgorithmus verabschiedet. Die Studie wurde als Pilotphase des BMBF-geförderten Projekts MATE-LOC (Förderkennzeichen 01GY1114) durchgeführt.

Diskussion/Ergebnisse: In dieser ersten Studienphase konnte ein Vorschlag für eine Einteilung existierender Behandlungsangebote in LOC verabschiedet werden. Wesentliche Schritte in der Diskussion war die Definition von Ausschlusskriterien für die Anwendung des Algorithmus sowie die Fokussierung auf suchtspezifische Behandlungsangebote. In Bezug auf die Adaption des Berechnungsalgorithmus wurden geringfügige Anpassungen vorgenommen. Eine Erweiterung betrifft die Erfassung der Behandlungsmotivation. Diese soll jedoch nicht in den Berechnungsalgorithmus selbst, sondern in das Entscheidungsgespräch einfließen.

Schlussfolgerung: Existierende Behandlungsangebote konnten von Experten schlüssig einem von vier LOCs zugeordnet vorwerden. Darauf basierend wurde ein Vorschlag für die Anpassung der niederländischen Zuweisungsleitlinie und ihrer Kriterien entwickelt. Eine abschließende Diskussion des Nutzens der Zuweisungsleitlinie insgesamt, der Generalisierbarkeit auf andere Bereiche der Suchthilfe sowie weiterer notwendiger Anpassungen wird nach Abschluss der zweiten, empirischen Studienphase stattfinden.