Suchttherapie 2013; 14 - S_40_3
DOI: 10.1055/s-0033-1351558

Campus Stress Check 2012/13 – Totalerhebung zur psychischen Gesundheit an der TU Chemnitz: Hirndoping im Studium – alles geben und alles nehmen?

A Sehl 1, S Fuchs 2, S Mach 1, S Bennewitz 1, R Alig 1, S Mühlig 3
  • 1Technische Universität, Chemnitz, Professur KlinischePsychologie
  • 2Technische Universität Chemnitz, Professur Klinische Psychologie
  • 3Chemnitz

Einleitung: Die Zeit an der Uni ist eine prägende und wichtige Zeit im Leben junger Menschen, die viele positive Erfahrungen bereithält. Angesichts wachsender Versagensängste und stetigem Leistungsdruck scheinen diese in den Hintergrund zu treten. Viele Studierende sehen sich einem übermäßigem Arbeitspensum und Konkurrenzdruck sowie mangelnden oder unsicheren beruflichen Perspektiven ausgesetzt. Um „mithalten“ zu können, greift der Hisbus-Befragung (2012) zufolge jeder zehnte Studierende zu leistungssteigernden Mitteln, etwa die Hälfte dieser zu verschreibungspflichtigen Medikamenten. Inwiefern „Hirndoping“ unter Studierenden in ein multifaktorielles Geschehen eingebettet ist und mit anderen psychischen Konstrukten sowie soziodemografischen und Studienfaktoren (Art des Abschluss, Studienfach) in Zusammenhang steht, wird untersucht.

Methode: In einer Totalerhebung (N = 10.956) wurde die psychische Gesundheit Studierender der TU Chemnitz mithilfe eines streng anonymisierten Online-Fragebogens untersucht. Neben einem breiten Bereich psychischer Beschwerden/Störungen (Depressivität, Prokrastination, Prüfungsangst, ADHS-Screener, Schlafverhalten etc.) wurde der durchschnittliche wöchentliche Substanzkonsum zur Leistungssteigerung und Beruhigung „bei großer Studienbeanspruchung“ erfragt. Dabei wurde hinsichtlich Softenhancern (z.B. Kaffee, Energiedrinks, Koffeintabletten, Baldrian) und Hirndopenden (Ritalin, Cannabis, Beta-Blocker etc.) unterschieden.

Diskussion/Ergebnisse: Im Zeitraum von Dezember 2012 bis Februar 2013 nahmen 2.162 Studierende (19,7%) an der Umfrage teil (N vollständige Bearbeitung: 1397; 12,75%). Während nur jeder 20. Studierende (5,3%) Hirndoping betreibt, greifen etwa 2/3 der Studierenden (68,4%) auf Softenhancer zurück. Am häufigsten nutzen Softenhancer Kaffee, Energydrinks, Vitaminpräperate und Aminosäuren sowie natürliche Substanzen (z.B. Ginkgo biloba, Baldrian) zur Leistungssteigerung/-erhaltung. Selten (ca. je 1 – 2%) kommen Ritalin, Betablocker, Angstlöser zum Einsatz. Der Gebrauch leistungssteigernder/-erhaltender Substanzen wird in Beziehung zum allgemeinen Substanzkonsum (Alkohol, Nikotin, Medikamente, illegale Drogen) betrachtet. Korrelationen zu weiteren psychischen Bereichen/Beschwerden (z.B. Prokrastination, Prüfungsangst, Depressivität, Suizidalität, Internet-/PC-Nutzung etc.) werden berechnet, ebenso Zusammenhänge mit weiteren Schutz- und Risikofaktoren (Selbstwert, Studienzufriedenheit).

Schlussfolgerung: Die vorliegende Arbeit stellt erste Ergebnisse der Befragung dar. Die Daten werden im Hinblick auf gezielten Versorgungsbedarf analysiert, um Ansatzpunkte für psychosoziale Beratungs- und Interventionsangebote am Campus bedarfsorientiert abzuleiten.