Hintergrund: Das Projekt NeustadtGesund, gefördert vom Bund-Länder-Programm Soziale Stadt, ist
im Flensburger Stadtteil Neustadt angesiedelt, der als so genannter sozialer Brennpunkt
mit einer relativen Häufung von gesundheitlichen und sozialen Problemlagen bekannt
ist. Die Kooperationspartner Stadt Flensburg, Universität Flensburg und die vier Krankenkassen
AOK Nordwest, Barmer GEK, DAK und TK haben sich zum Ziel gesetzt, gesundheitsförderliche
und präventive Aktivitäten im Stadtteil zu einer kommunalen Gesamtstrategie zu vernetzen
und durch den Einsatz von Gesundheitsmittlern einen besseren Zugang zu bereits bestehenden
Angeboten im Stadtteil zu schaffen. In der Phase der Stadtteilanalyse wurden Sekundär-
und Primärdaten für ein datenbasiertes Planen zielgruppenspezifischer Maßnahmen kombiniert.
Methode und Stichprobenbeschreibung: In der Sekundärdatenanalyse wurden Daten der Sozial- und Gesundheitsberichterstattung
der Stadt Flensburg und Routinedaten der kooperierenden Krankenkassen kleinräumig
ausgewertet. Die Erhebung der Primärdaten erfolgte mittels einer standardisierten
aufsuchenden Bewohnerbefragung im Stadtteil von August bis November 2012. Die N =
231 befragten Personen waren im Durchschnitt 38 Jahre alt (SD = 16, range 18 – 79),
55% der Befragten waren weiblich. Die Bewohner/innen wurden in unterschiedlichen Situationen
im Stadtteil persönlich angesprochen und bei Bedarf beim Ausfüllen bzw. Lesen des
Fragebogens unterstützt. Erhoben wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität mit
dem SF-12 (Morfeld, Kirchberger & Bullinger, 2011) und die soziale Unterstützung mit
der Kurzform des Fragebogens zur sozialen Unterstützung (F-SozU K14 Fydrich, Sommer
& Brähler, 2007). Zusätzlich wurden stadtteilbezogene Fragen entwickelt, z.B. „Welche
Möglichkeiten oder Angebote im Stadtteil nutzen Sie oder haben Sie für Ihre eigene
Gesundheit genutzt?“, „Wie wurden Sie über diese Angebote/Möglichkeiten informiert?“
und „Wünschen Sie sich mehr Information über solche Angebote und Möglichkeiten?“.
Ergebnisse: Bezüglich der psychischen Gesundheit (Summenskala des SF 12) wies die Untersuchungsstichprobe
im Vergleich zur Norm eine deutlich geringere Lebensqualität auf (Effektstärke Cohens
d = 0,92). Differenziert nach Geschlecht fanden sich hinsichtlich der psychischen
Summenskala ähnlich starke Effekte (Männer d = 0,70, Frauen d = 1,09). Mittlere Effekte
zeigten sich im Gruppenvergleich der F-SozU-Summenskala: Personen mit Schulden haben
eine geringere soziale Unterstützung als Personen ohne Schulden (T(195)=-2.847 p =
0,05 d = 0,40) und Personen mit Bezug von Leistungen nach SGB haben eine geringere
soziale Unterstützung als Personen ohne Bezug von Leistungen nach SGB (T(171)= 2.847
p = 0,05 d = 0,44). Die Ergebnisse der stadtteilbezogenen Fragen zeigten u.a. einen
hohen Bedarf an Informationen zu gesundheitsbezogenen Angeboten im Stadtteil. Außerdem
wurde deutlich, dass diese Informationen häufig über persönliche Kontakte ausgetauscht
wurden. Schlussfolgerungen: Im Flensburger Stadtteil Neustadt, einem so genannten sozialen Brennpunkt, ist die
gesundheitsbezogene Lebensqualität, insbesondere die psychische Lebensqualität, deutlich
geringer als die der Normstichprobe. Diese Ergebnisse stimmen mit den Auswertungen
der Sekundärdatenanalyse überein. Ebenfalls hypothesenkonform sind die Ergebnisse
der Mittelwertvergleiche des F-SozU die Effektstärken liegen hier in einem mittleren
Bereich. In Kombination mit den Ergebnissen der stadtteilbezogenen Fragen wird der
Vernetzungsbedarf bestehender Angebote deutlich und es können datenbasierte Ansätze
für den Einsatz von Gesundheitsmittler/innen im Stadtteil abgeleitet werden.