Dialyse aktuell 2013; 17(8): 391
DOI: 10.1055/s-0033-1359373
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neustart

Christian Schäfer
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Publication Date:
15 October 2013 (online)

Schaut man sich die Formel 1 an, so neutralisiert ein Neustart die Abstände zwischen den Autos: Aufgrund eines Rennabbruchs wegen Starkregens, eines schlimmen Unfalls o. Ä. ist es zunächst nicht mehr möglich, das Rennen fortzuführen. Sollten es die Bedingungen innerhalb einer gegebenen Zeit wieder erlauben, erfolgt der Neustart – andernfalls muss man ganz abbrechen. Parallelen zum Rennsport gab es in den letzten Monaten bei der DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation): Als wären die heftigen Erschütterungen und Pannen, die die Transplantationsmedizin während des sogenannten „Organspendeskandals“ erreichten, noch nicht genug gewesen, so machten der DSO auch noch interne Unstimmigkeiten zu schaffen – Vorwürfe, der Vorstand werde nach „Gutsherrenart“ geführt, machten in anonymen E-Mails die Runde.

Ein Neustart (also die Neuausrichtung der DSO) war genauso im Gespräch wie der endgültige Rennabbruch (also der Entzug der Verantwortung der DSO für die Koordination der Organspende). In der Kritik stand bei vielen Politikern u. a. auch der privatrechtliche Charakter der DSO – im Zusammenhang mit dem Verdacht auf manipulierte Wartelisten sei es demnach wichtig, ein Signal zu setzen: Die öffentliche Hand solle bei der Organspende für Richtlinien, Koordination und Überwachung zuständig sein. Letztendlich war ein Neustart das Ergebnis: Ende August hat sich der neue DSO-Stiftungsrat konstituiert. Er ist stärker öffentlich-rechtlich ausgerichtet als zuvor und wurde umstrukturiert – Bund und Länder haben nun je 2 stimmberechtigte Vertreter in dem 12 stimmberechtigte Mitglieder zählenden Rat. Hiermit will man das Vertrauen in die Organspende wieder etwas zurückgewinnen. Nach den dramatischen Rückgängen der Organspendezahlen in den letzten Monaten ist dies sicherlich ein Zeichen, das helfen kann.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass weiter aufgeklärt wird, was in den Transplantations-zentren in Deutschland in der Vergangenheit geschehen ist – Transparenz ist das Stichwort. Anfang September legte die Prüfungs- und Überwachungskommission von Bundesärztekammer, Deutscher Kranken-hausgesellschaft und GKV-Spitzenverband den Bericht zu den Erstprüfungen der 24 Lebertrans-plantationsprogramme in Deutschland vor. Laut einer Pressemitteilung der Bundesärztekammer ist nun neben den Kliniken in Göttingen, Leipzig und München rechts der Isar auch die Uniklinik Münster vom Verdacht auf Wartelistenmanipulationen betroffen. Ein viertes Zentrum also – glücklicherweise scheinen die anderen 20 Zentren trotz vereinzelt festgestellter, wohl nicht systematischer Verstöße „sauber“ zu sein. Die Ergebnisse wertet allerdings die Ständige Kommission Organtransplantation noch abschließend aus.

Derzeit spricht aber zumindest nichts dafür, dass Ärzte Geld von Patienten erhalten haben, um sie auf der Warteliste nach oben zu bringen. Das ist wiederum etwas Positives, das man in der Öffentlichkeit im Sinne des Vertrauensrückgewinnes auch betonen sollte. Hoffen wir also, dass die erschütternden Berichte, die uns aus dem Prozess gegen den angeklagten Göttinger Transplantationschirurgen erreichen, zu den letzten negativen Schlagzeilen zur Organspende gehören: Ehemalige Mitarbeiter bzw. Zeugen beschuldigten den Arzt schwer – u. a. habe er persönliche Drohungen ausgesprochen, sich nicht in die Klinikstrukturen einfügen wollen, die Kommunikation verweigert und mündliche Anordnungen gegeben, Patienten kränker darzustellen als sie es waren. Man darf schon auf das Urteil gespannt sein – zum Glück scheint dies ein Einzelfall zu sein!

Dieser Ausgabe der Dialyse aktuell liegt das Kompendium Nephrologie 2013 bei, das neben vielen anderen interessanten Beiträgen auch einen zur Nierentransplantation enthält. Wenn Sie sich zum „State of the Art“ auf diesem Gebiet und anderen Bereichen rund um die Nephrologie informieren wollen, empfehle ich Ihnen die Lektüre des Kompendiums – und natürlich auch der Dialyse aktuell, die diesmal den Schwerpunkt „Knochen- und Mineralhaushalt“ behandelt. Hierzu können Sie auch wieder CME-Punkte sammeln – ich wünsche Ihnen hierbei viel Erfolg!