Über Jahre wurde der Begriff Apoptose synonym gebraucht für programmierten Zelltod.
Seit kurzem ist aber bekannt, dass ein weiterer programmierter Zelltod-Signalweg existiert,
der als programmierte Nekrose oder Nekroptose bezeichnet wird. Diese Zelltodform wird
durch Komplexe der Moleküle RIP1 und RIP3 reguliert und zum Beispiel im Rahmen viraler
Infektionen aktiviert, wenn die Apoptose blockiert ist. Des Weiteren wurde kürzlich
gezeigt, dass Nekroptose den Leberschaden im Rahmen alkoholischer Hepatitiden reguliert.
Zurzeit ist aber unklar, ob RIP3-abhängige Nekroptose am Übergang von chronischer
Entzündung hin zur Fibrose und Krebsentstehung in der Leber beteiligt ist.
In der aktuellen Studie untersuchten wir die funktionelle Rolle der RIP3-abhängigen
Nekroptose im Vergleich zur Caspase-8-abhängigen Apoptose in einem genetischen Modell
für spontane inflammatorische Leberkrebsentstehung, welches auf der konditionellen
Deletion des Signalmoleküls TAK1 in der Leber beruht. Dazu wurden TAK1-Leberzell-Knockouts
(TAK1-LKO) zum einen mit RIP3-/- Tieren oder mit konditionellen Caspase-8-defizienten
Mäusen verpaart (TAK1-LKO/RIP3-/- bzw. TAK1/Casp-8-LKO). Diese Untersuchungen ergaben
fundamental unterschiedliche Funktionen beider programmierter Zelltodarten in dem
murinen Tumormodell. Mittels FACS-Analyse und „cytometric-Bead-Assay“ konnten wir
zeigen, dass Caspase-8 Aktivierung in Leberzellen zu einer starken entzündlichen Reaktion
bedingt durch ein spezifisches Chemokin-Muster führt. Außerdem bedingen apoptotische
Leberzellen eine starke kompensatorische Proliferation anderer Hepatozyten. Eine aCGH-Array
Analyse zeigte, dass diese Prozesse außerdem die Entwicklung eines spezifischen Musters
chromosomaler Aberrationen (Chr. 4, 8 und 13) in einzelnen Hepatozyten bewirkten.
Dadurch wurden einzelne Leberzellklone resistent gegenüber Apoptose und entwickelten
sich so zu einem HCC. Im Gegensatz dazu konnten wir zeigen, dass die RIP3-Aktivierung
eine inflammatorische Reaktion und Hyperproliferation von Hepatozyten inhibiert. Funktionelle
Untersuchungen belegten, dass diese Funktion von RIP3 durch die Inhibition der Caspase-8-abhängigen
Aktivierung der Jun-(N)-terminal Kinase (JNK) in Hepatozyten und Immunzellen vermittelt
wurde.
Diese Resultate eröffnen eine neue Sichtweise auf die molekularen Zusammenhänge zwischen
verschiedenen Zelltodformen und der Progression chronischer Lebererkrankungen hin
zur Krebsentstehung. Eine pharmakologische „Re-Programmierung“ des Zelltodes könnte
daher eine neue Strategie in der Prävention und Therapie des HCC bei Patienten mit
chronischer Lebererkrankung darstellen.