Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2013; 48(11/12): 734-738
DOI: 10.1055/s-0033-1361982
Fokus
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Entwicklung des Notarztwesens in Deutschland – Westdeutschland

Development of Emergency Medical Services in Germany – Western Part of Germany
Peter Sefrin
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Publication Date:
16 December 2013 (online)

Zusammenfassung

Anfänglich stand die Prämisse des Rettungsdienstes darin, Patienten so schnell wie möglich einer ärztlichen Versorgung zu zuführen. Durch die Forderung des Heidelberger Chirurgen Kirchner wurde ein Umdenken vor dem 2. Weltkrieg initiiert. Es dauerte bis zu den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts bis diese wieder aufgegriffen wurde und Ärzte in den Rettungsdienst einbezogen wurden. Voraussetzung im technischen Bereich war die Entwicklung von Unfallarztwagen zur präklinischen Versorgung von vornehmlich Verkehrsopfern. Nachdem es gelang den volkswirtschaftlichen und auch den medizinischen Nutzen des Einsatzes von Notärzten nachzuweisen, wurde die verbindliche Mitwirkung von Notärzten in den Rettungsdienstgesetzen der westdeutschen Bundesländer festgeschrieben. Mit zunehmender Akzeptanz kam es zu einer Verschiebung des Patientenkollektivs vom Unfallopfer zu akuten internistischen und neurologischen Notfallpatienten. Um die notwendige Effizienz der Organisation zu erzielen, wurden seitens der Bundesärztekammer Vorgaben zur Qualifikation der Notärzte gemacht.

Abstract

Initially the premise of the rescue services was to deliver patients to medical care as quickly as possible. Due to the demands of the Heidelberger surgeon Kirchner a rethinking was initiated prior to World War 2. It was not until the 1960s that this concept was taken up again and physicians were incorporated into the rescue services. A prerequisite for this in the technical field was the development of physician escorted rescue vehicles for the prehospital management of road accident victims. After the economic and medical benefits of the deployment of emergency physicians had been demonstrated, the mandatory participation of emergency physicians was laid down in the laws on rescue services by the West German federal states. With increasing acceptance, there was a shift of the patient collective from accident victims to acute internal medical and neurological emergency cases. In order to realize the necessary efficacy of the cost-intensive organization the German Medical Council formulated guidelines for the qualification of emergency physicians.

Kernaussagen

  • Der Einsatz von Ärzten im Rettungsdienst geht auf die Forderung Kirschners aus dem Jahr 1938 zurück, dass der Arzt zum Patienten und nicht der Patient zum Arzt kommen muss.

  • Nach dem 2. Weltkrieg wurde das öffentliche Rettungswesen in den Bereichen der 4 Besatzungsmächte differenten Trägern zugewiesen.

  • Der arztbesetzte Unfallwagen war der Beginn eines Notarztdienstes im Sinne Kirschners in den 60er-Jahren.

  • Medizinische Begründung für den Beginn der ärztlichen Versorgung am Unfallort waren neue Erkenntnisse in der Schockbekämpfung und der Reanimation.

  • Die Vielfalt der Pilotprojekte der Fahrzeuge im Rettungsdienst wurde 1967 durch die Normung von Rettungswagen vereinheitlicht.

  • Die obligate Mitwirkung von Notärzten wird in den Rettungsdienstgesetzen der westdeutschen Bundesländer festgeschrieben.

  • Die Qualifikation der Notärzte wird durch Fortbildungsvorgaben der Bundesärztekamer mit der Einführung eines „Fachkundenachweises Rettungsdienst“ und später durch die „Zusatzbezeichnung Notfallmedizin“ vorgegeben.

Ergänzendes Material

 
  • Literatur

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  • 8 Müller W. Mit einem Unfall fing es an …. Wiesbaden: Wirtschaftsverlag; 1988: 272-272
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