Z Gastroenterol 2014; 52(1): 152
DOI: 10.1055/s-0033-1362173
Der bng informiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gastroenterologische Endoskopie – Ambulant vor stationär

Gero Moog
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Januar 2014 (online)

Die ambulante Endoskopie des Gastrointestinaltrakts hat in den letzten Jahren eine außerordentliche Entwicklung erfahren. Niemand wird angesichts der bereits vorliegenden Zahlen zur Kolonkarzinomprävention den Wert der Koloskopie als Vorsorgeuntersuchung ernsthaft in Frage stellen. Auch wird es keinen ärztlichen Kollegen geben, der eine Koloskopie noch als gefährliche Untersuchungsmethode bezeichnen würde, die man besser im stationären Umfeld durchführen sollte. Nichts desto trotz passiert dies aber täglich.

Obwohl wir alle über das Ungleichgewicht zwischen stationärer und ambulanter Medizin klagen, kommt es immer wieder vor, dass Hausärzte, Patienten zu endoskopischen Untersuchungen mit einer Einweisung in das nächste Krankenhaus schicken. Dort ist dann nicht einmal sicher gestellt, dass die Untersuchung von einem Facharzt durchgeführt wird. Es kann doch nicht sein, dass die Ärzteschaft bei jedem Versuch eines Krankenhauses, ambulante Patienten zu behandeln, auf die Barrikaden geht und den Verlust der freiberuflichen Medizin beklagt und dann dem Ansinnen vieler Verwaltungsdirektoren Vorschub leistet, die ihre zum Teil mit Steuergeldern finanzierten Endoskopieabteilungen mit ambulanten Leistungen halbwegs rentabel gestalten wollen.

Spricht man die hausärztlichen Kollegen darauf an, wird gerne das Problem der Wartezeiten genannt. Dabei ist dieses sicher bei der Mehrzahl der Gastroenterologen nicht das Problem. Ein persönlicher Anruf, eine Email oder ein Fax von einem hausärztlichen Kollegen wird fast immer alle Türen öffnen und ermöglicht es, Termine innerhalb eines Tages zu bekommen.

Dass auch Fachärzte mit der Ressource Zeit verantwortlich umgehen müssen, liegt auf der Hand Aber wenn der Hausarzt eine Primärselektion der Patienten vornimmt, dann können die Fachärzte den Patienten entsprechend der Dringlichkeit einordnen.

Doch wir erleben täglich andere Situationen. Patienten werden mit Verdachtsdiagnosen wie Bauchschmerz ein halbes Jahr nach erfolgter Gastro- und Koloskopie erneut zur selben Untersuchung geschickt. Ganz zu schweigen von der großen Zahl von Reflux-Patienten, die spätestens nach der zweiten verschriebenen N3 Packung eines PPI zur erneuten Gastroskopie überwiesen werden. Wenn der Gastroenterologe solche Fälle als wenig dringlich einstuft, bekommt er nicht nur von den in jeder Hinsicht unwissenden Politikern Strafen angedroht, nein, auch die eigenen niedergelassenen Hausarzt-Kollegen gehen den Weg des geringsten Widerstands und schicken die Patienten in das nächste Krankenhaus. Hier wird dann ohne Erhebung einer Voranamnese jede Untersuchung gemacht.

Um nicht falsch verstanden zu werden, nicht die Kollegen in der Klinik sind schuld, die eine solche Untersuchung dann durchführen, sondern es ist die unheilige Allianz aus einem Gewinnstreben mancher Verwaltungsleiter und einer gewissen Bedenkenlosigkeit unserer hausärztlichen Kollegen bezüglich des politischen Gesamtzusammenhangs. Niemand hat aber bisher die Frage beantwortet, warum die aufwändige Versorgung mit Medizintechnik in jedem Krankenhaus stehen muss? Warum wird den Krankenhäusern nicht von politischer Seite empfohlen, mit niedergelassenen Fachärzten Kooperationen einzugehen mit dem Ziel, teure Technik und Material gemeinsam zu nutzen.

Ob es für ein Krankenhaus ökonomisch Sinn macht, mit dem vorhandenen Personal ambulante Endoskopien durchzuführen, ist zu bezweifeln. Für die Verwaltungsabteilungen vieler Krankenhäuser stehen wohl eher strategische Betrachtungen im Vordergrund. Man sieht sich gerne als zukünftigen Mitspieler im ambulanten Bereich.

Es ist sicher nicht so, dass die niedergelassene Fachärzteschaft in den letzten Jahren nicht auch Fehler gemacht hätte. Der in meinen Augen entscheidende Fehler ist, dass nicht auf breiter Front die Allianz mit den Krankenhäusern gesucht wurde mit dem Ziel, hier von vornherein Terrain zu besetzen und die Bedingungen für eine Kooperation mit zu gestalten. Noch sind wir in der vergleichsweise guten Situation, dass unsere endoskopische Kernkompetenz im Bereich der Koloskopie gesellschaftlich akzeptiert und deren Bedeutung unumstritten ist. Da die Gesamtzahl der Koloskopien in den nächsten Jahren noch steigen muss, um die Vorsorgeziele zu erreichen, wird man auch nicht auf die ambulante Endoskopie verzichten können. Aber man sollte sich nicht täuschen, wenn wir in der ambulanten Endoskopie nicht die gleichen Anforderungen an Hygiene und auch Qualität der Untersuchungen (Polypendetektonsraten, Polypektomien etc.) erfüllen, wird der Gesetzgeber nicht zögern den stationären Sektor weiter zu öffnen.

Wir sollten die Augen nicht vor den Realitäten verschließen, die gesundheitspolitische Landschaft wird sich verändern, ob mit oder ohne unsere Beteiligung. Deshalb sollte eine enge Kooperation mit geeigneten stationären Partnern gesucht werden. Die Erfahrungen der Durchführung endoskopischer Untersuchungen im ambulanten Bereich sind für stationäre Anbieter unverzichtbar und die enge Zusammenarbeit ist für beide Seiten wertvoll.

Wir können die entscheidenden medizinischen Ziele wie zum Beispiel die Reduktion der Zahl kolorektaler Karzinome gemeinsam mit unseren stationären Kollegen besser erreichen. Eine enge Kooperation sollte uns dabei helfen sowohl ökonomisch als auch medizinisch erfolgreicher zu sein.