Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(4): 238
DOI: 10.1055/s-0033-1362777
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Referat – Lignane gegen Diabetes?

Matthias Schulze
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Publication Date:
09 October 2014 (online)

Hintergrund: Lignane, in der Natur Bestandteil der pflanzlichen Zellwände, sind vor allem in ballaststoffreichen Nahrungsmitteln enthalten, außerdem in manchen Getränke wie Kaffee oder Wein. Ein erhöhter Verzehr soll das Risiko für einige Erkrankungen vermindern, etwa für Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Krebs, Arbeiten dazu haben jedoch widersprüchliche Ergebnisse erbracht. Wie es mit dem Zusammenhang Lignane – Diabetes Typ 2 aussieht, hat nun eine internationale Gruppe untersucht.

Methoden: Eine höhere Lignanzufuhr, gemessen anhand der Ausscheidung von Enterolacton und Enterodiol im Urin, scheint mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung eines Diabetes Typ 2 verbunden zu sein. So die Ergebnisse von Qi Sun und Kollegen, die dazu Daten aus den US-amerikanischen Kohorten der Nurses Health Study (NHS) und der Nurses Health Study II (NHS-II) herangezogen haben.

Die Wissenschaftler haben in ihre Fall-Kontroll-Studie Frauen aufgenommen, bei denen zu Beginn (zwischen 1995 und 2000 bei der NHS-II-Kohorte und zwischen 2000 und 2001 bei der NHS-Kohorte) kein Diabetes, keine kardiovaskulären und keine Krebserkrankungen vorgelegen hatten (n = 29 611 für NHS-II und 18 717 für NHS). Anschließend untersuchten sie, wie viele Frauen bis 2008 (NHS) bzw. bis 2007 (NHS-II) einen von einem Mediziner neu diagnostizierten Diabetes Typ 2 entwickelten.

Jeder dieser Patientinnen wurde dann eine nach Alter, ethnischer Herkunft, Menopausenstatus und Einsatz einer Hormonersatztherapie gematchte Frau ohne Diabetes gegenüber gestellt und die Konzentrationen der zu Anfang gemessenen Enterolignane im Urin zwischen Fällen und Kontrollen verglichen. Enterolignane sind Abbauprodukte der mit der Nahrung aufgenommen Pflanzenlignane durch die Darmflora, im Wesentlichen Enterolacton und Enterodiol, die als Maß für die Lignanzufuhr verwendet wurden.

Ergebnisse: Die gepoolte Auswertung der beiden Kohorten ergab bei den Patientinnen (n = 1107) signifikant geringer Urinkonzentrationen sowohl von Enterolacton als auch von Enterodiol. Nach Adjustierung für Störfaktoren, u. a. Body-Mass-Index, Nikotin- und Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, positive Diabetes-Familienanamnese, Vorhandensein von Hypercholesterinämie und Hyperonus, ergab sich für das Quartil mit der höchsten Enterolacton-Konzentration eine Odds Ratio für die Entwicklung eines Diabetes Typ 2 von 0,62 gegenüber dem Quartil mit der geringsten Konzentration (für den Trend p = 0,003). Für Enterodiol fand sich ein tendenziell ähnlicher, aber knapp nicht signifikanter Zusammenhang. Dabei zeigte sich auch eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: Bei der gepoolten Auswertung für Enterolacton plus Enterodiol betrug die OR für das Diabetesauftreten 0,70 pro Zunahme der Enterolignane um eine Standardabweichung.

Folgerung: Möglicherweise kann der erhöhte Verzehr lignanreicher Nahrungsmittel, beispielsweise von Vollkornprodukten, Obst und grünem Blattgemüse, das Risiko für die Entwicklung eines Diabetes Typ 2 vermindern, meinen die Autoren. Dabei ist diese Beziehung unabhängig von üblichen Risikofaktoren, für die adjustiert worden war. Die biologische Grundlage dieser Schutzwirkung könnte über den östrogenartigen Effekt der Enterolignane zustande kommen, die an den Östrogenrezeptor-alpha binden. Dieser Rezeptor wiederum wurde mit der Erhaltung eines normalen Körpergewichts und der Insulinsensitivität in Zusammenhang gebracht.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen