Suchttherapie 2014; 15(01): 46
DOI: 10.1055/s-0033-1364008
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Integrative Therapie in der Drogenhilfe – Theorie – Methoden – Praxis in der sozialen und medizinischen Rehabilitation

Contributor(s):
Georg Farnbacher
1   Hamburg
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Publication Date:
10 February 2014 (online)

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Gespannt wartete man auf das erste geschlossene Buch der Integrativen Therapie zum Bereich der Drogentherapie. Herausgegeben wurde es von Peter Schay, Ilona Lojewski und Frank Siegele.

Das erste Kapitel widmet sich dem Ansatz der Integrativen Therapie in der Drogenhilfe. Die folgenden Kapitel sind dann etwas unübersichtlich: Es gibt eine Zwischenüberschrift die „Leistungsangebote“ lautet. Da­runter verbergen sich die Kapitel 2 „Akzeptierende Drogenhilfe und intermittierende Karrierebegleitung“, Kapitel 3 „Integrative Arbeit mit suchtmittelkonsumierenden und -abhängigen Jugendlichen im Strafvollzug“, Kapitel 4 „Psychosoziale Betreuung Substituierter – Standards der Substitutionsbehandlung und Möglichkeiten zur Finanzierung“, Kapitel 5 „Ganztägig ambulante medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker – ein alltagsbezogener Behandlungsansatz der (Re-)Integration“ und Kapitel 6 „Ambulant Betreutes Wohnen für abhängigkeitskranke Menschen“.

Es folgt die Zwischenüberschrift „Behandlungsansätze“. Darunter erscheinen die Kapitel 7 „Bedeutung einer Integrativen Gruppentherapie im Kontext Sucht“, Kapitel 8 „Komorbidität im Kontext Sucht“, Kapitel 9 „Polytraumatisierungen, Posttraumatische Belastungsstörungen und ihre Komorbiditäten im Kontext Sucht“, Kapitel 10 „Budotherapie – ein körper- und bewegungstherapeutischer Weg in die Psychotherapie“, Kapitel 11 „Lauftherapie – ein übungs- und erlebniszentrierter Behandlungsansatz im Kontext Sucht“ und Kapitel 12 „Akzentuie­rungen zur sozialen Integration und beruflichen (Re-Integra­tion abhängigkeitserkrankter Menschen“.

Das erste Kapitel („Ansatz der Integrativen Therapie in der Drogenhilfe“) ist enttäuschend: In den Vorbemerkungen wird das Modell von Feuerlein als „hochaktuell“ gekennzeichnet, dann folgt – lobenswerterweise – eine Darstellung des ICF Modells, das aber wiederum nicht tatsächlich und nachvollziehbar in die „Integrative Therapie“ assimiliert wird. Des Weiteren folgt eine Selbstdarstellung der Integrativen Therapie – und dort hineingefügt ein „Suchtverständnis“ bestehend aus 3 kurzen Zitaten von Hilarion Petzold, die nicht erläuternd oder kommentierend dem Leser so überlassen bleiben. Es folgt eine etwas längere Zitatensammlung (überwiegend Petzold), die immerhin etwas erläutert wird. Für Leserinnen, die nicht mit der Integrativen Therapie vertraut sind, dürfte dieser Abschnitt schwer verdaulich sein. Ebenso bedauerlich ist, dass hier versäumt wird den Titel des Buches aufzulösen: Drogentherapie findet sich nur in wenigen Kapiteln des Buches, andere Substanzen spielen auch eine bedeutende Rolle. Von daher ist es verständlich, wenn im weiteren Verlauf des Buches von „Suchttherapie“ die Rede ist.

Die im Folgenden vorgenommene Trennung in „Leistungsangebote“ und „Behandlungsansätze“ wird nicht immer systematisch aufrechterhalten. Die Herausgeber hätten gut daran getan, auf diese – hier artifizielle – Aufteilung zu verzichten.

Die teilweise gut gelungene Darstellung der Teilkapitel bildet den Stand der Diskussion zu den Themen ab. Allerdings sind hier einige Unsauberkeiten zu bemerken. Den Tabellen/Übersichten/Grafiken fehlen häufig die genauen Quellenangaben, sodass der Leserin und dem Leser verborgen bleibt, ob es sich um eigene Materialien (z. B. Fragebögen) handelt, oder um einige der zahlreichen Vorgaben. Auch falsche Schreibweisen nicht hauseigener Autorinnen und Autoren machen das Lesen nicht angenehmer.

Überhaupt: die Literaturangaben entsprechen im Wesentlichen folgendem Muster: 1. Leitlinien und Standards (gründlich recherchiert), 2. eigene Werke der Integrativen Therapie (überwiegend von Hilarion Petzold) und 3. scheinbar willkürlich ­herausgefundene Autorinnen und Autoren, die in den Text passten.

Besonders bedauerlich ist dies im Kapitel, das sich den Posttraumatischen Belastungsstörungen widmet. Hier wird zwar die Theorie ausführlich dargestellt (im Themenbereich „Handlungsansätze“), aber gängige und etablierte Verfahren nicht einmal erwähnt (z. B. „Seeking safety“ von L. M. Najavits, „Posttraumatische Belastungsstörung und Substanzmissbrauch“ von I. Schäfer und anderen).

Dennoch finden sich auch interessante Kapitel in dieser Textsammlung, z. B. „Budotherapeutische Interventionen und Methoden in der Praxis“. Grundsätzlich werden eine Reihe der Budokünste wie Aikido oder Ju-Jutsu oder Iai Do schon seit einigen Jahrzehnten in stationären Suchteinrichtungen angeboten. Hier wird nun der Überbegriff, die Lehre des Budo, in den Mittelpunkt gestellt. Allerdings bleibt es hier bei einer Darstellung des Weges: Die Darstellung der Interventionen zeigen sich in 2 lesenswerten Kasuistiken und einem (!) Textabsatz.

Dieses Problem wird in dem Kapitel „Lauftherapie – ein übungs- und erlebniszentrierter Behandlungsansatz im Kontext Sucht“ anschaulicher und praxisnäher gelöst – Interventionen ­werden genannt.